Dem 150. Geburtstag von W. I. Lenin


Wir feiern heute den 150. Geburtstag von W.I. Lenin, dem bolschewistischen Revolutionär, der der größten sozialistischen Revolution der Weltgeschichte zum Sieg verholfen hat.

Für viele ist die Erinnerung an Lenin verknüpft mit Bildern der Mauer der DDR, mit stalinistischen Lagern und dem bürokratischen Apparat der Sowjetunion.

Doch Lenin stand für etwas völlig anderes. Er spielte mit der Iskra und dem „Kampfbund zur Befreiung der Arbeiterklasse“ eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung des revolutionären Marxismus in der russischen Sozialdemokratie.

Auf ihrem Parteitag im Jahr 1903 war sein Eingreifen der Grund, weshalb sich in Russland – anders als beispielsweise in Deutschland – in Form der Bolschewiki schon früh ein revolutionärer Flügel der Sozialdemokratie herausbildete, der 1917 in der Lage war, eine sozialistische Revolution anzuführen.

1917 war Lenins Eingreifen in die Diskussionen der Menschewiki vermittels der Aprilthesen der Grund, warum sich ein revolutionär-sozialistisches Programm zur Machtergreifung der Arbeiterräte (Sowjets) und gegen eine neue bürgerlich-parlamentarische Republik in der bolschewistischen Partei durchsetzte.

Natürlich war es nicht die „Tat eines Mannes“, die die Oktoberrevolution zum Sieg führte. Wie es Trotzki in „Partei, Klasse, Führung“ schrieb:

„Er war nicht vom Himmel gefallen. Er verkörperte die revolutionäre Tradition der Arbeiterklasse. [...] Lenin repräsentierte eines der lebendigen Elemente des historischen Prozesses. 

Zu Lenins Aprilthesen gehörte auch die „Anerkennung der Tatsache, daß unsere Partei in den meisten Sowjets der Arbeiterdeputierten in der Minderheit, vorläufig sogar in einer schwachen Minderheit ist“. Dass sich diese „schwache Minderheit“ durchsetzen konnte war das Ergebnis der Kämpfe der Arbeiterklasse, die erkannte, dass das Programm der sozialistischen Revolution letztlich nur der konsequenteste Ausdruck ihrer sozialen Interessen war. 

Was der Figur Lenin eine solche Bedeutung verleiht, waren nicht seine persönlichen Charaktereigenschaften – auch wenn diese sicherlich eine Rolle spielten – sondern in erster Linie die Schärfe, mit der er in der Lage war, das Programm des revolutionären Marxismus auf eine neue historische Situation anzuwenden und der heldenhaft kämpfenden Arbeiterklasse mit einer entschlossenen Strategie zum Sieg über Zarismus und Bourgeoisie zu verhelfen.

Dabei fiel auch seine Haltung im Jahr 1917 nicht „vom Himmel“, sondern war das Ergebnis jahrelanger Studien und politischer Schriften zur Rolle der sozialdemokratischen Partei und politischen Führung (wie in „Was tun?“ aus dem Jahr 1902).

Lenin stand nicht für einen bürokratischen Sozialismus. Er prägte die Idee des „demokratischen Zentralismus“ im Parteiaufbau wie kein anderer.

Durch und durch Revolutionär erkannte er die Gefahren, die aus der Entleerung der Sowjets im Bürgerkrieg und aus Erscheinungen der Bürokratisierung im Parteiapparat entstanden. 

In „Lieber weniger, aber besser“ schrieb er im Jahr 1923: „Wir müssen unseren Staatsapparat so sparsam wie möglich gestalten. Wir müssen in ihm alle Spuren des überflüssigen Aufwandes ausmerzen, die sich in ihm vom zaristischen Rußland, von dessen bürokratisch-kapitalistischem Apparat in so großem Maße noch erhalten haben.“

Wieder und wieder schrieb er Aufrufe und ergriff er Initiativen zur Belebung der Sowjets und gegen den „bürokratischen Schlendrian“ und zur Bekämpfung des Bürokratismus im Staat und den Gewerkschaften.

Über Stalin als Generalsekretär schrieb er noch im Januar 1923 in seinem „Brief an den Parteitag“, der später als Lenins Testament bekannt wurde:

Ich denke, ausschlaggebend sind in der Frage der Stabilität unter diesem Gesichtspunkt solche Mitglieder des ZK wie Stalin und Trotzki. Die Beziehungen zwischen ihnen stellen meines Erachtens die größere Hälfte der Gefahr jener Spaltung dar, die vermieden werden könnte und zu deren Vermeidung meiner Meinung nach unter anderem die Erhöhung der Zahl der Mitglieder des ZK auf 50, auf 100 Personen dienen soll. Gen. Stalin hat, nachdem er Generalsekretär geworden ist, eine unermeßliche Macht in seinen Händen konzentriert, und ich bin nicht überzeugt, daß er es immer verstehen wird, von dieser Macht vorsichtig genug Gebrauch zu machen.“

Die spätere Bürokratisierung und Degeneration der Sowjetunion ist nicht Lenin anzulasten. Sein Lebenswerk und das Werk etlicher Bolschewisten der frühen, der revolutionären bolschewistischen Partei, und der kämpfenden russischen Arbeiterklasse, bestand in der erfolgreichen Durchführung der ersten sozialistischen Revolution in einem ganzen Staat und dem Versuch zum Aufbau eines weltweit ersten und einzigen Sowjetstaates.

Die Bedingungen in Russland waren nicht einfach: das Land war ökonomisch weit weniger fortgeschritten als Westeuropa, noch dazu fielen mehr als 20 bürgerliche Armeen in den jungen Sowjetstaat ein und warfen das Land in einen blutigen Bürgerkrieg. Dass die Arbeiterklasse nicht in der Lage war, sich der Entartung der Bürokratie mit aller Macht entgegenzustellen, ist das Ergebnis aus diesen Ereignissen.

Die Aufgabe des Marxismus durch Stalin – die Ersetzung des Internationalismus durch die Theorie des „Sozialismus in einem Land“, internationale Bündnisse mit Vertretern der Bourgeoisie, die Volksfrontstrategie und Etappentheorie – war das Resultat aus dieser Situation, und erschwerte zunehmend, dass die bolschewistische Partei und die Komintern weiter in der Lage war, auch international Revolutionen zum Sieg zu verhelfen und so die endgültige Niederschlagung des Kapitalismus zu ermöglichen.

Dass die Prinzipien des revolutionären Marxismus auch heute noch überlebt haben, ist das Ergebnis der Arbeit der Linken Opposition gegen Stalin und der Grund, warum wir uns heute auf den Trotzkismus – der Verteidigung des Marxismus gegen die Theorien der Klassenkollaboration, wie wir sie aus dem Stalinismus kennen – beziehen.  

Wir verteidigen das Erbe Lenins, als einen der wichtigsten Revolutionäre der Weltgeschichte. Wir hoffen, dass sein Erbe und das Erbe Leo Trotzkis auch heute einen wertvollen Beitrag leisten kann zum Aufbau revolutionär-marxistischer Parteien der Arbeiterklasse und für ein Programm, das den Umsturz der Klassengesellschaft ermöglichen wird.

2020 stehen wir an einem Umbruchpunkt in eine neue Zeit. Corona-Pandemie und Wirtschaftskrise haben der gesamten Weltbevölkerung die Bedeutung des Ausspruchs „Sozialismus oder Barbarei“, des Totalversagens der kapitalistischen Klassengesellschaft vor Augen geführt.

In den kommenden Monaten und Jahren werden wir international weitere Kriege, aber auch ein Anwachsen von Massenkämpfen und revolutionäre Situationen erleben. Nichts wird so bleiben, wie es heute ist.

Setz dich mit uns ein für die Verbreitung des Marxismus und den Aufbau der Kämpfe der arbeitenden Bevölkerung und Jugend.

Es gab nie eine bessere Zeit, Marxist zu werden!