(Internationale Revolutionäre Linke im Spanischen Staat)
Auf Spanisch veröffentlicht am 11. Februar 2014
Jahrelang und insbesondere nach dem wirtschaftlichen
Debakel, das durch die Subprime-Krise ausgelöst wurde, wurde China zum
Leuchtturm sowohl der ideologischen Verteidiger des kapitalistischen Systems als auch derjenigen, die mit dem chinesischen
Staat ihre stalinistischen Nostalgie befriedigen. Von bürgerlichen Ökonomen wurde der Vormarsch
Chinas als Beweis für die Vitalität des Kapitalismus, von gewissen Linken als
Beispiel für „Marktsozialismus“ angeführt. China schien die Produktivkräfte mit
einem Elan zu entwickeln, der an die historische Phase erinnert, als die
Bourgeoisie eine junge Klasse war, die ein langes Leben vor sich hatte. Darüber
hinaus wurde behauptet, China würde den großen kapitalistischen Traum
Wirklichkeit werden lassen: die Immunität vor Krisen. Die Zuversicht war so groß,
dass viele vorhersagten, dass dieser Koloss in der Lage sein würde, die gesamte
Weltwirtschaft zu stützen.
Die Anti-Krisen-Maßnahmen, die das Regime zwischen 2008 und
2009 durchführte, schienen all diesen „Theoretikern“ Recht zu geben. Nach der
massiven Vernichtung von Arbeitsplätzen während des ersten Jahres der Rezession
wurden Millionen von Arbeitsplätzen wiederhergestellt und das BIP erholte sich.
Aber ohne die Auswirkungen der Regierungsmaßnahmen zu unterschätzen, darf nicht
aus den Augen verloren werden, wie entflammbar das Material ist, das sich durch
die kapitalistische Restauration und die globale Krise in den Fundamenten der
chinesischen Wirtschaft angesammelt hat. Nur, wenn man diese Entwicklung
verfolgt hat ist es möglich, eine zutreffende Langzeitperspektive aufzustellen.
Mithilfe dieser Methode war schon damals ersichtlich, dass das Grundproblem der
chinesischen Wirtschaft – die Überproduktion – sich voll entfalten würde,
sobald sich die Dynamik der staatlichen Investitionen erschöpft hat. Zudem
würden die Konjunkturprogramme langfristig die strukturellen Probleme nur noch
verschärfen.
Jährliches BIP
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2007
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14,2
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2008
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9,6
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2009
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9,2
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2010
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10,4
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2011
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9,3
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2012
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7,7
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2013
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7,6
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Dieselben alten
Rezepte
Nach einem kurzzeitigen Aufwärtstrend liegt das chinesische
Wirtschaftswachstum seit zwei Jahren unter 8%. Zwar hat sich der
Handelsüberschuss, der fast die Hälfte seines Volumens eingebüßt hatte,
teilweise wieder erholt, aber dies hat das Wiederauftreten von Symptomen der
Überproduktion nicht verhindert. Die Stahl- und Zementindustrie, zum Beispiel,
arbeitet mit 72% ihrer Kapazität. Um sich ein Bild vom Ausmaß dieses Phänomens
zu machen: Der Plan der Regierung, Produktionslinien abzuschaffen, betrifft
Bergbau, Metallurgie (einschließlich Stahl, Kupfer und Blei), Papier, Glas,
Zement usw.
Der asiatische Drache reproduziert eine wirtschaftliche
Entwicklung, die in ihren Grundzügen in größerem Maßstab und auf dialektische
Weise die Phasen wiederholt, die die Krise in den USA und in Europa ausgelöst
hat. Der Grund, warum die chinesische Bourgeoisie es nicht vermeiden kann, in
dieselbe Dynamik zu verfallen, ist nichts anderes als die Unmöglichkeit, die
Krisen der Überproduktion unbegrenzt hinauszuzögern.
Die riesigen Kapitalmengen, die zur Aufrechterhaltung der
Wachstumsrate der Wirtschaft mobilisiert wurden, haben zu einer gigantischen
Verschuldung geführt. Der Gesamtkreditbestand in China hat 220% des BIP
erreicht und ist von 9 Billionen USD im Jahr 2008 auf 23 Billionen USD im Jahr
2012 gestiegen. Die Rating-Agentur Fitch rechnet vor, dass das so genannte
Schattenbanken, in denen ein Vermögen von fast 6 Billionen Dollar liegt, viele
der Praktiken kopieren, die zur Subprime-Krise geführt haben. China tritt in
einen Teufelskreis ein, in dem ein zunehmender Anteil der neuen Kredite zur
Bedienung bestehender Schulden und nicht für neue Investitionen verwendet wird.
Diese Dynamik wird durch die Gesamtverschuldung der Kommunen verstärkt, von
denen viele bis 2013 rund 3,3 Billionen Dollar betragen werden.
Im Bewusstsein dieser Situation versucht das Regime, das
Kreditwachstum einzudämmen, ist dabei aber bisher gescheitert. Im Juni und
Dezember 2013 kam es aufgrund starker Erhöhungen der Interbankenkreditzinsen zu
zwei großen Liquiditätskrisen. Umgangssprachlich ausgedrückt: Die Zinsen, die
sich die Banken gegenseitig für das Verleihen von Geld in Rechnung stellten,
wurden durch das Misstrauen gegenüber der tatsächlichen Fähigkeit, dieses Geld
zurückzuzahlen, deutlich erhöht. In beiden Fällen intervenierten die
chinesischen Führer in den ersten Momenten nicht sofort und hofften auf eine
kontrollierte Anpassung, die das exponentielle Anwachsen der Verschuldung
eindämmen würde. Aber schließlich, und bei beiden Gelegenheiten, angesichts des
Risikos, dass die Liquiditätskrise durch die Aufdeckung nicht rückzahlbarer
Kredite verlängert würde, ordneten sie eine neue Finanzspritze durch die
Zentralbank an.
Auf dem Weg zu einem
klassischeren Kapitalismus?
Trotz der Tatsache, dass das staatskapitalistische Regime
der chinesischen Bourgeoisie eine unangefochtene Dominanz über das Bankwesen
und die Industrie verleiht, haben die Gesetze des Marktes innerhalb der Grenzen
Chinas entscheidendes Gewicht. In der heutigen Phase kapitalistischen
Niedergangs können die staatlichen Interventionen die gleichen Phänomene, die
in anderen Ländern aufgetreten sind, nicht verhindern. Die Führer der KPCh, die
gleichzeitig an der Spitze des Prozesses der kapitalistischen Restauration stehen,
scheinen der Effektivität der staatlichen Kontrolle zu misstrauen und neigen zu
einem eher klassischen Kapitalismusmodell, in dem der Privatsektor eine noch
größere Rolle spielt. Diese Tatsache spiegelte sich in den Beschlüssen der
Dritten Plenarsitzung des XVIII. Zentralausschusses der KPCh im November wider.
Unter den beschlossenen Maßnahmen ragt die Öffnung für private Investitionen in
den Bereichen Banken, Energie, Infrastruktur und Telekommunikation heraus. Im
Falle des Bankensektors wird auch der Eintritt von ausländischem Kapital in
kleine und mittlere Unternehmen erleichtert. Es wurde auch beschlossen, die
Preise weiter zu liberalisieren, indem die Kontrolle, die der Staat nach wie
vor über Brennstoffe und Elektrizität ausübt, eingeschränkt wird. Die
praktischen Folgen all dieser Maßnahmen werden wie ein Sprung vom Regen in die
Traufe sein.
Arbeiter von Honda in einer Auseinandersetzung mit offziellen Repräsentanten der Gewerkschaft nach einem Streik in einer Autofabrik in Foshan am 31. März 2010. |
Die großen makroökonomischen Fragen sind nicht das einzige
Problem der chinesischen Kapitalisten. Die sozialen Unruhen, die durch die
enorme Zunahme der Ungleichheiten verursacht werden, geben ihnen Anlass zur Sorge.
Parallel zu den Wirtschaftsreformen wurden einige Änderungen in Bezug auf die
Bürgerrechte angekündigt, um der Arbeiterklasse eine gewisse Hoffnung zu geben
(Verschwinden der Umerziehungslager, in Wirklichkeit Sklavenarbeitslager, oder
die Lockerung der Ein-Kind-Politik in bestimmten Fällen). Wir alle erinnern uns
daran, dass es die chinesischen Arbeiter wegen der enormen Stärke und
Schlagkraft ihrer Mobilisierungen in den Jahren 2011 und 2012 in die Seiten der
westlichen Presse schafften. Der Anstieg des Klassenkampfes setzt sich fort: Im
vergangenen Jahr stieg die Zahl der Streiks im Vergleich zu 2012 um 7%. Eines
der drängendsten Probleme des Regimes besteht darin, dass die offiziellen
Gewerkschaften, obwohl sie die einzigen legalen sind und auf staatliche
Unterstützung zählen können, nicht in der Lage sind, die Entwicklung von
Forderungen nach einer echten und demokratischen Vertretung in den Fabriken zu
stoppen.
Ein zunehmend
gefräßiger Imperialismus
Im Kapitalismus besteht eine enge und zerbrechliche
Beziehung zwischen innerer sozialer Stabilität und Interventionen auf dem
globalen Markt. Wie andere weiter entwickelte Länder ist China weniger denn je
in der Lage, auf die Ausbeutung der weniger entwickelten Nationen zu
verzichten. China braucht Rohstoffe, um seine Industrie zu einem niedrigen
Preis zu beliefern, muss in neue Märkte eindringen und seine Dominanz auf
anderen Märkten aufrechterhalten, um seine Waren verkaufen zu können. Die
militärische Aufrüstung in Asien, deren Protagonisten China und die Vereinigten
Staaten sind, ist nicht darauf zurückzuführen, dass sich die Kapitalisten der
mit diesem Konflikt verbundenen Risiken nicht bewusst sind. Es ist die Antwort
der verschiedenen nationalen Bourgeoisien auf die Krise der Überproduktion.
Nach fünf Jahren der Weltwirtschaftskrise sieht sich der
chinesische Riese mit zahlreichen Problemen konfrontiert, sogar mit manchen
zusätzlichen Schwierigkeiten, die seine Konkurrenten nicht in dem Ausmaß haben.
In China konzentrieren sich 22% der Weltbevölkerung, aber nur 6% der
Wasserreserven und 7% des Ackerlandes. Diese Realität hat die chinesische
Bourgeoisie an die Spitze der Vertreter der imperialistischen Plünderung
gedrängt. Vor einigen Monaten kam der in der Ukraine verhandelte Vertrag ans
Licht: Die Verfassung dieses Landes wurde so geändert, dass in den kommenden
Jahren 5% seiner Fläche, 29.000 km², die der Fläche Galiziens[1]
entsprechen, an China verkauft werden können.[2]
Die Gesetzesvorlage für die Wirtschaftsbeziehungen mit China stellt auch einen
schweren Schlag für die industrielle Entwicklung der Länder dar, in denen China
am intensivsten interveniert. Nach Angaben der CEPAL entfielen von den 250.000
Millionen Dollar, die der Handelsaustausch zwischen Lateinamerika und China im
Jahr 2012 ausmachte, mehr als 80% der Deviseneinnahmen der amerikanischen
Länder auf fünf Rohstoffe, während die chinesischen Einnahmen zu mehr als 90%
aus der Produktion stammten.
Hinter den roten Fahnen der chinesischen
KP verbirgt sich eine ehrgeizige Bourgeoisie, die den vom stalinistischen
Regime geerbten Staat nutzt, um die kapitalistischen Produktions- und
Eigentumsverhältnisse umfassend zu restaurieren. Ende Januar 2014 wurde die
massive Nutzung von Steueroasen durch Angehörige von KPCh-Führern bekannt, die
sie nutzten, um Milliarden von Dollar aus dem Land zu schaffen. Unter ihnen
sind der Schwager von Xi Jinping, dem derzeitigen Präsidenten, der Sohn und
Schwiegersohn des ehemaligen Premierministers Wen Jiabao und die Tochter seines
Vorgängers Li Peng. Die klaffende soziale Ungleichheit, die in den Vereinigten
Staaten und Europa in der Hitze des Booms und der Krise gewachsen ist, hat das
Bewusstsein und den Kampf der Arbeiter auf ein Niveau getrieben, das nur mit
historischen Perioden verglichen werden kann, die den Ausbruch revolutionärer
Krisen ankündigten. Im neuen kapitalistischen China wird es nicht anders sein.