Rutscht Deutschland in die Krise?


von Katharina Doll, Offensiv Hamburg
Langfassung des Abdrucks in der 2. Ausgabe der "Offensiv", Nov./Dez. 2019


Sehr wahrscheinlich wird auch im dritten Quartal 2019 ein wirtschaftlicher Rückgang zu verzeichnen sein. Deutschland befindet sich damit in einer sogenannten „technischen Rezession“. Außerdem deuten eine Reihe von Indikatoren darauf hin, dass die deutsche Wirtschaft – Hand in Hand mit der Weltwirtschaft – auf einen Einbruch zusteuert. Der ifo-Index ist deutlich gesunken, vor allem im verarbeitenden Gewerbe: Industrie, Baugewerbe und Handwerk.[1] Die negativen ökonomischen Erwartungen gehen einher mit den Trends der Weltwirtschaft. Auch der sogenannte Geschäftsmanagerindex (PMI) im verarbeitenden Gewerbe  ist in allen größeren Ökonomien auf unter 50 gefallen.[2]Der Welthandel bewegt sich im anhaltenden Abwärtstrend.[3] Im Vergleich zum August 2018 sind die deutschen Exporte im August 2019 um 3,9 Prozent zurückgegangen.[4]

Die Verflechtung der internationalen Unternehmen hat über die verschiedenen Epochen des Kapitalismus immer weiter zugenommen, und ist heute wohl stärker als je zuvor. Weniger als 150 Konzerne kontrollieren heute mehr als 40% aller international operierenden Unternehmen – von den 50 mächtigsten unter ihnen sind 49 Finanzinstitute.[5] Deshalb zeichnen sich internationale Wirtschaftstrends auch in den einzelnen, nationalen Ökonomien ab. Die Verlangsamung der chinesischen Wirtschaft trifft andere Ökonomien genauso wie der ausgebrochene Handelskrieg oder eine hereinbrechende Wirtschaftskrise.


Es ist falsch, einen kommenden wirtschaftlichen Einbruch bloß einzelnen politischen Ereignissen wie einem möglichen Brexit oder dem Handelskrieg allein zuzuschreiben, wie das einige bürgerliche Medien tun. Der Grund für die Krisenhaftigkeit der kapitalistischen Wirtschaftsordnung liegt tiefer – sie ändern nur ihren Verlauf: das „wie“, aber nicht das „ob“.


So wird der genaue Verlauf einer kommenden Krise von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Dazu gehören unter anderem die qualitativen Veränderungen im internationalen Gefüge: China bedroht verstärkt die Stellung der USA als Weltmacht, und schon jetzt wird die Frage gestellt, wann der Dollar als Leitwährung abgelöst werden soll. Deshalb mehren sich ökonomische und militärische Konflikte auf dem Erdball, was sich wieder auf die Weltwirtschaft auswirkt. Zum Beispiel macht der Konflikt der USA mit dem Iran einen rapiden Anstieg des Ölpreises möglich.[6]


Doch auch China betreibt schon lange Überproduktion und steuert auf eine Rezession zu. China hat in drei Jahren mehr Zement verbraucht, als die USA im gesamten 20. Jahrhundert. Ein Abschwung in China wird die deutsche Wirtschaft beeinflussen. Chinesische Investoren halten wichtige Aktienanteile bei relevanten deutschen Unternehmen wie Daimler und der Deutschen Bank und haben sich unter anderem beim Roboterhersteller Kuka oder dem Maschinenbauer Geiger eingekauft.
Es wäre Glaskugelleserei, ein genaues Datum für eine kommende Krise festmachen zu wollen oder was sie zum Ausbruch bringt. Risikoherde gibt es mehr als genug: Spekulationsblasen haben seit der letzten Krise wieder deutlich zugenommen[7] und die Staatsschulden der Europäischen Union liegen deutlich über dem Vorkrisenniveau. In Deutschland wird zunehmend vor einer wachsenden Immobilienblase gewarnt: die Schweizer Großbank UBS kürte München kürzlich zur Stadt mit den am heftigsten überbewerteten Immobilienpreisen.[8]


Kein Kapitalismus ohne Krise



Gerade das Beispiel Iran zeigt, wie stark der Ausgangspunkt einer Krise von den subjektiven Entscheidungen von Politikern und anderen Ereignissen abhängen kann. Wie entwickeln sich staatliche Investitionen, Kürzungen, militärische Auseinandersetzungen, geldpolitische Maßnahmen,...? Trotzdem ist und bleibt es, wie Karl Marx es im dritten Band des Kapitals schrieb:


„Daß es in der Periode der Krise an Zahlungsmitteln fehlt, ist selbsteinleuchtend. Die Konvertibilität der Wechsel hat sich substituiert der Metamorphose der Waren selbst, und grade zu solcher Zeit um so mehr, je mehr ein Teil der Geschäftshäuser bloß auf Kredit arbeitet. Unwissende und verkehrte Bankgesetzgebung, wie die von 1844/45, kann diese Geldkrise erschweren. Aber keine Art Bankgesetzgebung kann die Krise beseitigen.

In einem Produktionssystem, wo der ganze Zusammenhang des Reproduktionsprozesses auf dem Kredit beruht, wenn da der Kredit plötzlich aufhört und nur noch bare Zahlung gilt, muß augenscheinlich eine Krise eintreten, ein gewaltsamer Andrang nach Zahlungsmitteln. Auf den ersten Blick stellt sich daher die ganze Krise nur als Kreditkrise und Geldkrise dar. Und in der Tat handelt es sich nur um die Konvertibilität der Wechsel in Geld. Aber diese Wechsel repräsentieren der Mehrzahl nach wirkliche Käufe und Verkäufe, deren das gesellschaftliche Bedürfnis weit überschreitende Ausdehnung schließlich der ganzen Krisis zugrunde liegt. Daneben aber stellt auch eine ungeheure Masse dieser Wechsel bloße Schwindelgeschäfte vor, die jetzt ans Tageslicht kommen und platzen; ferner mit fremdem Kapital getriebne, aber verunglückte Spekulationen; endlich Warenkapitale, die entwertet oder gar unverkäuflich sind, oder Rückflüsse, die nie mehr einkommen können. Das ganze künstliche System gewaltsamer Ausdehnung des Reproduktionsprozesses kann natürlich nicht dadurch kuriert werden, daß nun etwa eine Bank, z.B. die Bank von England, in ihrem Papier allen Schwindlern das fehlende Kapital gibt und die sämtlichen entwerteten Waren zu ihren alten Nominalwerten kauft.“[9]


Überakkumulationskrise


Eine Reihe westlicher Ökonomien – darunter auch Deutschland – sind seit dem Strukturwandel der 70er-Jahre geprägt von einer Überakkumulation an Kapital, [10]  geringer Investitionstätigkeit[11] und einem Abbau des produktiven Sektors. Dazu kommt, dass das Problem der Überproduktion seit der letzten Krise 2008 nicht überwunden wurde.


Das wird heute deutlich an den Effekten der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Diese hat zu einer massiven Zunahme von Geldvermögen in der Eurozone[12] und in Deutschland[13] geführt; zu aufgeblasenem Aktienvermögen, nicht aber zu verhältnismäßig zunehmender Investitionstätigkeit oder gar Erweiterungsinvestitionen im größeren Maßstab.[14] Die Arbeitsproduktivität in der BRD steigt seit vielen Jahren nur noch geringfügig. Einen Anstieg um über 5% in einem Jahr gab es schon seit 1973 nicht mehr.


Reformismus kein Ausweg!



Die Himmelflüge des deutschen Aktienindex[15] sind nicht gedeckt durch reale Wertschöpfung in den Betrieben. Gleichzeitig sind große Pläne zur Regulation der Finanzmärkte, wie sie zur Zeit der letzten Wirtschaftskrise öffentlich diskutiert wurden, wieder in der Schublade verschwunden. Anders kann es auch gar nicht sein, denn die Blasenbildung an den Finanzmärkten ist notwendiger Ausdruck von angehäuftem Kapital, das im produzierenden und verarbeitenden Gewerbe keine profitablen Anlagemöglichkeiten findet. Politischer Wille allein kann daran nichts ändern.


Darum sind auch ordoliberale und reformistische Ideen zur Regulation des Finanzmarktes begrenzt, denn sie würden zwar an den Symptomen kapitalistischer Krisen, nicht aber an ihren Ursachen etwas ändern. Darunter fällt unter anderem die Idee des „Green New Deal“, wie sie jetzt auch Sahra Wagenknecht vertritt, der neue Jobs (im Mindestlohnbereich) schaffen und so die Nachfrage ankurbeln soll. Was die Vertreter des „Green New Deal“ vergessen zu erwähnen ist, dass auch der historische New Deal des Präsidenten Roosevelt nicht den gewünschten Effekt hatte.[16] Ähnlich bescheiden sind die „Reformideen“ „linker“ Vertreter der „modernen“ Monetärtheorie wie Alexandira Ocasio-Cortesz in den USA oder Richard Murphy mit seinen „Corbynomics“ in England.


Auch Ideen, die sich rein auf die Begrenzung des Finanzmarkts beschränken, täuschen darüber hinweg, dass Konzepte zur Regulation des Kapitalismus an seinen inneren Entwicklungsgesetzen nichts ändern. Selbstverständlich ist es nicht falsch, niedrigere Steuern für Niedrigeinkommen und die drastische Besteuerung von Spekulationsgewinnen zu unterstützen - beides ist im Interesse der arbeitenden Bevölkerung. Wirkliche Antworten auf die Krise bieten solche Forderungen aber nur verbunden mit dem Aufruf zum Kampf um die Kontrolle und Verwaltung der gesamten Wirtschaft durch die Arbeiterklasse: für eine sozialistische Gesellschaft. Denn die beste Reform wird nichts daran ändern, dass man die Zeit im Kapitalismus nicht einfach in ein früheres Stadium zurückdrehen kann, hin zu einer Zeit der „sozialen Gründerkultur“ – die so, wie Sahra Wagenknecht und andere sie beschreiben sowieso nie existiert hat.


Kranker Mann Kapitalismus



„Die alten naturwüchsigen Gesellschaften, von denen schon die Rede war, können Jahrtausende bestehn [...] ehe der Verkehr mit der Außenwelt in ihrem Innern die Vermögensunterschiede erzeugt, infolge deren ihre Auflösung eintritt. Die moderne kapitalistische Produktion dagegen, die kaum dreihundert Jahre alt und erst seit Einführung der großen Industrie [...]herrschend geworden ist, hat in dieser kurzen Zeit Gegensätze der Verteilung fertig gebracht – Konzentration der Kapitalien in wenigen Händen einerseits, Konzentration der besitzlosen Massen in den großen Städten andererseits –, an denen sie notwendig zugrunde geht.“[17]


Diese Zeilen von Friedrich Engels treffen besser zu als je zuvor. Das Kapital wächst an und kann die Grenzen seiner Ausdehnungsfähigkeit nicht überwinden. Was Marxisten schon im Nachklang der Krise 2008 betont haben, zeigt eigentlich schon seit den 70er-Jahren seine volle Richtigkeit: die Maßnahmen, die zur Krisenbekämpfung eingesetzt wurden, haben immer weiter die Voraussetzungen für neue Krisen geschaffen. Die Maßnahmen zur Deindustrialisierung unter Kohl und der Druck auf Löhne und Sozialleistungen seit Kohl und Schröder haben die Massenkaufkraft gesenkt. Merkels und Schäubles Sparpolitik in der letzten Wirtschaftskrise hat dazu geführt, dass die Exporte nach Griechenland heute mehr als zwei Milliarden unter dem Vorkrisenniveau liegen. Karten wie die Abwrackprämie, die Ausweitung der Leiharbeit und der Import „billiger“ Arbeitskräfte wurden schon gezogen. Die Politik der schwarzen Null macht umfassende, staatliche Investitionsprogramme nahezu unmöglich.


Dass all das nach der Krise 2008 kaum zum Ausbau des produktiven Sektors geführt hat, zeigt, dass wir es nicht mit einem System im Wachsen, sondern mit dem Kapitalismus im Niedergang zu tun haben. Seine Krisen bewegen sich nicht im Kreis, sondern in Spiralen: mit jedem Zyklus wird das System älter und kränker. Es wirkt wie ein alter Mann mit deutlich geschwächtem Immunsystem: zwar kann man das Organversagen durch weitere Medikamente immer weiter hinauszögern, aber keine Spritze wird wieder zu richtiger Erholung führen.


Gefasst machen auf soziale Angriffe. Gegenwehr organisieren!



Gerade weil die Werkzeugkiste der Herrschenden zur Krisenbekämpfung relativ leer ist, müssen wir uns auf weitere soziale Angriffe gefasst machen. Jetzt schon fordert Sozialschmarotzer Peter Altmaier, der seit Jahren horrende Diäten aus unseren Steuergeldern einkassiert, eine Rente ab „fast 70“. Zu hoch wäre das Rentenniveau – bei einem Anstieg des Alters-Hartz-IV um 38 Prozent in den letzten zehn Jahren!


Und es geht nicht nur an die Sozialleistungen, es werden auch massive Stellenkürzungen vorbereitet: 7.000 Stellen will VW streichen, 10.000 Daimler und auch Continental, Schaeffler, Ford, Opel und Ledvance haben weitere Stellenstreichungen angekündigt. Neben solchen massiven Programmen zum Stellenabbau darf nicht vergessen werden, dass gerade im produzierenden Sektor der schleichende Stellenabbau anhält. Im Hamburger Hafen, bei Lufthansa, bei verschiedenen Kunststoffherstellern und etlichen anderen Konzernen werden nun schon seit Jahren immer weiter Stellen gegen Abfindung gekürzt, Leiharbeiter gekündigt oder Kollegen nach Verrentung nicht wieder ersetzt.


Heute versucht man sich hinter der Fahne von Digitalisierung, Industrie 4.0 und Ökologie zu verstecken. Die „Transformation“ und „Neuaufstellung“ der Industrie sei unumgänglich. Aber hinter diesen Ansagen steckt oft ein dicker Schwindel. Als Grund für den Stellenabbau im Automobilbereich wird ein „Rückgang der Zulassungszahlen“ genannt. Tatsächlich wurden im März 2019 zwar 0,5% weniger Autos zugelassen als noch im Februar, aber 0,2% mehr als im Vorjahr. Und auch ökologisch wird immer klarer, dass die Elektromobilität, wenn man die gesamte Produktionskette betrachtet, nicht weniger, sondern mehr CO2 verursachen wird.


Leider hat die Führung der IG Metall mit ihrer Kampagne „Umfairteilen“ eher dazu beigetragen, die Illusionen in die geplante „ökologische und digitale“ Transformation der Wirtschaft zu schüren, mit der die Bosse ihre Kürzungsprogramme rechtfertigen. Auch weite Teile der Umweltbewegung sorgen hier nicht für Klarheit. Statt heißer Luft wäre es jetzt nötig, den Organisierungsgrad in den Industriebetrieben deutlich zu verbessern und sich auf die kommenden Kämpfe vorzubereiten. Statt sich im Vorhinein mit den Chefs auf Entlassungen zu einigen,[18]  ist es notwendig, unter den Kollegen betriebsbezogen über das Contra der Stellenkürzungen auch mit Abfindung aufzuklären und einen entschlossenen Kampf um die tausenden Stellen zu führen, die jetzt gekürzt werden sollen. Gerade bei Betriebszweigen, in denen massive Jobvernichtung oder vollständige Schließung droht, ist eine Verstaatlichung die einzig sinnvolle Forderung, die auch von der Gewerkschaft mitgetragen werden sollte. In der Satzung der IG Metall heißt es entsprechend in §2:


„Erringung und Sicherung des Mitbestimmungsrechtes der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Betrieb und Unternehmen und im gesamtwirtschaftlichen Bereich durch Errichtung von Wirtschafts- und Sozialräten; Überführung von Schlüsselindustrien und anderen markt- und wirtschaftsbeherrschenden Unternehmungen in Gemeineigentum“


Marxistisch organisieren, für Sozialismus kämpfen!



Der Kapitalismus bereitet seinen eigenen Niedergang vor. Trotzdem ist seine Überwindung kein natürliches Absterben, sondern ein aktiver Akt der Arbeiterklasse. Dass es gerade auf fast täglicher Basis zu Massenkämpfen kommt und in immer mehr Ländern bonapartistische Regimes installiert werden, ist Ausdruck der tiefen Legitimationskrise der bürgerlichen Herrschaft. Aber keine dieser Massenbewegungen führt zu weitreichenden Verbesserungen, wenn sie ohne klare politische Führung und Programm bleiben.


Der ökonomische Strukturwandel und die „Globalisierung“ haben auch in Deutschland zu einer veränderten Zusammensetzung der Arbeiterklasse und aller anderen Bevölkerungsschichten geführt. Der Anteil der Fabrikarbeiterschaft ist gesunken, Dienstleistungen und der Bereich der „spezialisierten Beschäftigung“ haben zugenommen. Die unteren Gesellschaftsschichten wurden bei dieser Entwicklung teilweise abgehängt. Auch das prägt den Charakter moderner Massenbewegungen und linker Parteien. Ihre Führungen geben sich oft einen „subversiven“ Anstrich, machen aber eigentlich eine Politik der Versöhnung unter den Klassen, und nicht des Kampfes. Es ist aus all diesen Gründen nicht verwunderlich, dass die politische Polarisierung in Deutschland zumindest auf der parlamentarischen Ebene derzeit zwischen Rechts – der AfD – und linksliberal auftretenden Kräften wie den Grünen und dem in der Linkspartei erstarkenden Kipping-Flügel abspielt. Das Erstarken dieser Kräfte war ein politischer Rückschritt. Er war Ausdruck der Krise der Führung der Arbeiterklasse und der Isolation des Marxismus.


Auch kann anders als gegen Ende des Feudalismus, wo sich bereits eine neue bürgerliche Klasse herausbildete, die Arbeiterklasse keine „sozialistischen Inseln“ im Kapitalismus aufbauen. Gerade die Ereignisse im Griechenland der Krise haben bewiesen, wie wenig Platz noch bleibt für eine reformistische Politik, die nicht mit dem Kapitalismus bricht: in nur wenigen Augenschlägen haben die Vertreter der „neuen Linken“ dem Druck der kapitalistischen Eliten klein bei gegeben und die Arbeiterklasse verraten. Jeremy Corbyn und die Führung der LINKEN scheinen in eine ähnliche Richtung zu gehen. Das liegt zum einen daran, dass keine der neuen linksreformistischen Parteien in ihrer Substanz den Charakter einer wirklichen Arbeiterpartei hat, und zum anderen an der veränderten sozioökonomischen Realität des Spätkapitalismus. Niedrige Profitabilität und chronische Überakkumulation lassen kaum Raum für Investitionsprogramme und soziale Zugeständnisse, sondern zwingen die Herrschenden, jeden irgendwie möglichen Tropfen Profit aus der Arbeiterklasse zu pressen.


Sozialismus ist Arbeitermacht und Fortschritt



Die zerstörerischen Merkmale des modernen Kapitalismus lassen sich nicht einfach zurückdrehen. Wir können nicht Monopolkonzerne und Globalisierung einfach abschaffen und Kapitalismus so wiederaufbauen, wie er im 19. Jahrhundert nach Zeit der bürgerlichen Revolutionen existierte. Und das wollen wir auch gar nicht! Denn der Kapitalismus hat die materielle Grundlage geschaffen für eine Gesellschaft, die deutlich weiter entwickelt ist und besser geeignet, die sozialen Bedürfnisse der gesamten arbeitenden Bevölkerung zu befriedigen. Welthandel, Technologisierung und die damit mögliche Arbeitszeitverkürzung,... wegen ihnen sind wir heute in der Lage, die Weltbevölkerung um ein mehrfaches zu versorgen. Die Krisen dieses Systems sind nur Ausdruck davon, dass die Produktivität unserer Gesellschaft an die Grenzen des Kapitalismus stößt.


Wir müssen uns mit aller Kraft daran machen, die revolutionär-marxistischen Kräfte in dieser Gesellschaft durch unsere eigene Arbeit aufzubauen und mit einem klaren Programm in die anstehenden Kämpfe eingreifen.


Die größte Macht in dieser Gesellschaft liegt in den Betrieben. Dort wird produziert, was die Gesellschaft am Laufen hält. Statt sich weiter mit den Chefs und den Politikern der herrschenden Klasse zu einigen, muss die Arbeiterbewegung ihrer Krise das eigene Programm entgegenstellen: für die Enteignung der Banken und Konzerne und einen demokratischen Plan zur gesellschaftlich sinnvollen Nutzung aller Ressourcen und unserer Arbeitskraft, gesellschaftlicher Bereiche wie das Transportwesens, Gesundheit und Bildung,... Für eine sozialistische Gesellschaft, in der die Macht in den Händen der Arbeiterklasse, Jugend und Alten liegt!





[1] Index, der durch monatliche Befragungen die wirtschaftlichen Erwartungen in den Chefetagen misst. Ein stärkerer Rückgang des Index wurde zuletzt im Februar 2009 verzeichnet. Quelle: https://www.ifo.de/node/44274
[7] International hat die Blasenbildung der Wirtschaft das Ausmaß der Spekulationsblase 2008 bereits überschritten. 2017 erreichte das in Aktien gehandelte Kapital einen Höhepunkt von 80 Billionen US-Dollar - fast 17 Billionen mehr als auf dem Höhepunkt vor der Krise 2008.
[9] Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 25, "Das Kapital", Bd. III, Fünfter Abschnitt, S. 493 - 510
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1983
[10] Marxisten vertreten die Haltung, dass die Quelle des Werts von Waren die menschliche Arbeitskraft ist. Überakkumulation bedeutet, dass die Masse von Kapital so groß geworden ist, dass ein großer Teil davon nicht mehr profitabel in der sogenannten „Realwirtschaft“ angelegt werden kann [evtl. in Fußnote].
[11] Allgemein sind die Investitionsquoten in Deutschland seit den 70er-Jahren rückläufig, was auch daran liegen kann, dass die durchschnittliche Profitrate seit dem Nachkriegsboom der 50er-Jahre gefallen ist, und trotz temporärer Phasen des Anstiegs das Niveau von 1970 nicht wieder erreicht hat.  Siehe hier: https://www.bantleon.com/damfiles/default/news_analysen/analysen/2014/2014-12-18-2/Das-deutsche-Investitionsr-tsel-ea5a66a84d8eec9ad2ed21231ff8c005.pdf
[16] Siehe auch: Leo Trotzki: Marxismus in unserer Zeit. April 1939, Leo Trotzki: Das Übergangsprogramm, „Die objektiven Voraussetzungen der sozialistischen Revolution“. 1938.  und Leo Trotzki: Faschismus und der New Deal. 1944.
[17] Karl Marx/ Friedrich Engels - Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 20. Berlin/DDR. 1962. „Herrn Eugen Dührung's Umwälzung der Wissenschaft“, S. 1-303. 1. Korrektur