Resolution zum Anschluss der Gruppe Offensiv (Deutschland) an die Internationale Revolutionäre Linke (IRL)
Beschlossen am 02.07.2019
Mit dieser Resolution erklären wir den Anschluss unserer Gruppe an die Internationale Revolutionäre Linke und den gemeinsamen Aufbau einer internationalen marxistischen Kraft, die heute mehr als je zuvor nötig ist.
Der weltweite Kapitalismus steckt in einer tiefen Krise. Wir leben in einer Zeit der politischen und sozialen Turbulenzen und der Vertiefung des Klassenkampfes, was wir auch in Deutschland spüren können. Massenhafte Bewegungen wie gegen TTIP und die Unteilbar-Demonstration mit 250.000 Teilnehmern auf der Straße waren ein wichtiger Schritt. Letztes Jahr sind in Streiks mehr als eine Million Arbeitstage ausgefallen, vor allem wegen den Warnstreiks im Metallbereich, die die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung und Lohnerhöhungen auf die Tagesordnung gesetzt haben. Es gab die wichtigen Arbeitskämpfe der Krankenhausbeschäftigten für mehr Personal, bessere Arbeitsbedingungen und für ein menschenwürdiges Gesundheitssystem. Auch die Idee der Rekommunalisierung der Krankenhäuser, der Notwendigkeit eines öffentlichen Gesundheitssystems und des Endes der Zweiklassenmedizin ist in diesen Kämpfen verbreitet. Nun sehen wir die Wohnraum-Bewegung in Berlin, die eine Enteignung der Deutsche Wohnen fordert, und auch das zeigt die Fortschritte im Bewusstsein und eine Zunahme von politischer und sozialer Polarisierung. All diese Bewegungen sind die Ursache für die bundesweite Diskussion über Enteignungen und Sozialismus.
Die politische Polarisierung in Deutschland ist Ausdruck eines schärfer werdenden Konflikts zwischen den Klassen. Hartz IV, aber auch die sozialen Verschlechterungen, Kürzungen und die Sparpolitik unter Angela Merkel, der Ausbau der Leiharbeit, die Anhebung des Rentenalters, Privatisierungen und das Wachstum von Armut und Ungleichheit haben ihre Spuren hinterlassen. Alles in einem internationalen Kontext interimperialistischer Konflikte und Handelskriege mit Deutschland im Mittelpunkt. Das eröffnet eine schwierige wirtschaftliche Perspektive für Deutschland als Exportnation und dominierende Macht der EU.
Als die Wirtschaft 2008 kollabiert ist, wurden Milliarden von Euros mobilisiert um die größten Banken und Konzerne zu retten. Gleichzeitig wurden in Griechenland weite Sektoren der Massen ins Elend gestoßen, mit barbarischen Kürzungen und einer anhaltenden Sparpolitik. Neue reformistische Parteien wie Syriza – griechische Schwester der Linkspartei – die auf dem Rücken massenhafter Bewegungen der Arbeiterklasse und Jugend gegen den Sparkurs entstanden sind, haben soziale Veränderungen in Aussicht gestellt. Aber weil sie nicht bereit waren, mit dem Kapitalismus zu brechen, waren sie am Ende diejenigen, die brutale Kürzungen gegen die eigene Bevölkerung durchgesetzt haben. Die Partei endete als Handlanger der bürgerlichen Klasse und ihr Schicksal ist beispielhaft für die Krise des Reformismus und neuer reformistischer Parteien.
Dass Parteien wie Syriza oder DIE LINKE entstanden sind, ist Ausdruck einer Suche nach Organisierung der Arbeiterklasse und Jugend auf der politischen Linken. Gleichzeitig dominieren kleinbürgerlich-universitäre Tendenzen die Führung dieser Parteien und es ist offensichtlich, dass der Reformismus ihrer Führung zum Scheitern verurteilt ist. Auch wenn wir in diesen Strukturen arbeiten, ist es unsere Aufgabe, die Augen vor diesen Problemen nicht zu verschließen sondern ehrlich und offensiv die Rolle des Marxismus und die Notwendigkeit eines sozialistischen Programms der Arbeiterklasse und Jugend gegen alle kleinbürgerlichen und bürgerlichen Vorurteile zu verteidigen.
Der Kapitalismus ist die Diktatur des Privateigentums. Wir verbringen den ganzen Tag auf der Arbeit, aber wir können nicht entscheiden, was und zu welchen Bedingungen wir produzieren wollen. Und auch die ökologische Krise können wir nur in einer demokratisch geplanten Wirtschaft lösen. Denn um nachhaltig und sozial zu wirtschaften, brauchen wir eine Wirtschaft, in der Verkehr, Energie, Produktion und vieles mehr nicht für die Profite, sondern entlang der Bedürfnisse der Arbeiterinnen und Arbeiter und der Natur organisiert sind. Dazu müssen wir Konzerne und Banken enteignen, verstaatlichen und demokratisch über sie entscheiden.
Seit Anfang der Arbeiterbewegung ist es der revolutionäre Marxismus, der für eine solche sozialistische Veränderung der Gesellschaft kämpft. Und es waren Wladimir Lenin und Leo Trotzki, die diese Ideen gegen den Verrat von Sozialdemokratie und Stalinismus verteidigt haben. Sie haben auch immer wieder erklärt, dass sich eine solche Veränderung der Gesellschaft nicht spontan entwickelt, sondern dass wir aus der Vergangenheit lernen und sozialistische Organisationen der Arbeiterklasse mit einem revolutionären Programm aufbauen müssen, die den Weg aus der Krise zeigen. Heute ist die Partei der Revolution noch in der Minderheit – doch ihre Entwicklung ist eng verbunden mit den Kämpfen der Massen der Arbeiterklasse auf der Straße, am Arbeitsplatz, in Schule, Ausbildung und Universität. Dort wollen wir mit unserem Programm eingreifen und an der Seite der Arbeiterbewegung wachsen.
Der heutige Kapitalismus ist ein universales System: seine Wirtschaftsbeziehungen, Monopolbanken und –konzerne umspannen die ganze Welt. Und wenn die Wirtschaft sich bewegt, wenn Klassenverhältnisse sich verändern, können wir das international spüren. Und auch unsere Kämpfe sind miteinander verwoben: erst letzten Monat haben italienische Hafenarbeiter in Genua gestreikt, um einen Waffentransport nach Saudi-Arabien für den Krieg im Jemen zu verhindern. Der Kapitalismus ist ein internationales System. Unsere Kämpfe sind international, denn auf internationale Unterdrückung kann es keine nationalen Antworten geben! Wir müssen den proletarischen Internationalismus verteidigen – nicht nur in Worten, sondern in Taten!
Mit den weltweiten Veränderungen, den ökonomischen Krisen und den zunehmenden Klassenkonflikten sehen wir auch Veränderungen und Brüche auf der politischen Linken. Wir sehen den Zerfall mancher Gruppen, Spaltungen und Zusammenschlüsse, weil wir in einer Zeit leben, die alle Gruppen auf die Probe stellt. Auch das Komitee für eine Arbeiterinternationale (CWI), aus dem wir kommen, steckt heute in einer tiefen Krise und wird sich in naher Zukunft spalten. Die Auseinandersetzung, die heute im CWI geführt wird, dreht sich um Tendenzen opportunistischer Anpassung an die bürgerliche öffentliche Meinung und kleinbürgerliche Vorurteile und eine Abkehr vom Marxismus in Programm und im Kampf. Solche Tendenzen haben sich über die Jahre in der Internationale breit gemacht, was zu einer tiefen Degeneration der Internationale und der nationalen Führungen geführt hat. An der Seite der Genossinnen und Genossen aus Spanien, Venezuela, Mexiko und Portugal sind wir zum Schluss gekommen, dass die Wurzeln von opportunistischer Anpassung im CWI auch nach der jetzigen Krise weiter bestehen werden. Sie resultieren aus einer Bürokratisierung der Strukturen, aus opportunistischen Methoden in der entristischen Arbeit (was sich vor allem in der „doppelten Aufgabe“ ausdrückt), aus der Anpassung politischer Prinzipien und des Programms an nationale Umstände, was zu einem föderativen Aufbau der Internationale geführt hat, zu aller erst aber aus einem mangelnden Vertrauen in die Arbeiterklasse. Wir sind sicher, dass wir auch weiterhin ehrliche Revolutionärinnen und Revolutionäre in den Reihen des CWI finden können. Unsere Schlussfolgerungen sollen sie nicht beleidigen. Trotzdem müssen wir klar und deutlich sagen was ist, auf dem Fundament der marxistischen Theorie nach Erklärungen suchen und aus der vergangenen Krise lernen.
In den letzten Monaten haben wir die Erfahrung gemacht, dass es die Genossinnen und Genossen von Izquierda Revolucionaria - El Militante (Spanien), Militante - Izquierda Revolucionaria (Mexiko), Izquierda Revolucionaria - El Militante Venezuela und Esquerda Revolucionária - A Centelha (Portugal) waren, die die Krise im CWI politisch beantwortet haben, die ein klares Programm beibehalten haben und sich dem Druck widersetzt haben, opportunistisch auszuweichen oder bürokratisch zu agieren. Anders als die Führung des CWI sind sie bereit, politische Fehler zu bilanzieren statt sie auf die Schulter der Arbeiterklasse abzuwälzen. Ohne diese wichtigen Eigenschaften wird der Aufbau revolutionärer Kräfte auch in Zukunft nicht möglich sein.
Man lernt nie mehr über den wahren Charakter politischer Kräfte, als in Krisen. Deshalb schließen wir uns diesen Kräften jetzt an und bauen an ihrer Seite eine internationale und revolutionär-marxistische Organisation auf. Wir haben das CWI mit Überzeugung verlassen und mit Vertrauen in unsere eigene Kraft und die unserer Genossinnen und Genossen. Zwar sind unsere Kräfte in Deutschland noch klein, aber wir wissen, dass es nicht allein um die Zahl unserer Mitglieder geht, sondern um die Klarheit unserer Ideen, die ein Fundament sind, um auch in Zukunft die Ideen des revolutionären Marxismus zu verteidigen.
„Wir sind keine Partei wie die anderen. Es ist nicht bloß unser Bestreben, mehr Mitglieder, mehr Dokumente, mehr Geld in der Kasse, mehr Abgeordnete zu haben. All das ist notwendig, aber nur als ein Mittel. Unser Ziel ist die volle materielle und geistige Befreiung der Arbeiter und Ausgebeuteten durch die sozialistische Revolution.“
Leo Trotzki, Oktober 1938