Ende Gelände... mit arbeiterfeindlicher „Öko“-Politik!


In den vergangenen Tagen fanden erneut Proteste des Bündnisses „Ende Gelände“ in der Lausitz statt. Parallel dazu versammelten sich vor dem Kraftwerk Schwarze Pumpe bei Spremberg Kohlekumpel, Handwerker, IG BCE mitsamt ihren Chefs unter dem Motto „Wir sind laut für unsere Lausitz“ gegen die Demonstrierenden bei Ende Gelände. Die Wut ist groß, man hat das Gefühl dass „aus aller Herren Länder“ Demonstrierende in die Lausitz fahren, um der ortsansässigen Bevölkerung die Jobs wegzunehmen.

Woher diese Stimmung kommt, ist kein Wunder. Wie viele andere politische Gruppen haben auch wir uns in den letzten Monaten an den Demonstrationen für eine umweltfreundliche Politik beteiligt. Gleichzeitig sehen wir mit großer Sorge, dass weite Teile der sogenannten „Umweltbewegung“ – wie auch Ende Gelände – nicht bereit sind, die Interessen der Kolleginnen und Kollegen vor Ort zu berücksichtigen oder auch nur mit ihnen ins Gespräch zu kommen.

Dass die Kolleginnen und Kollegen in der Lausitz Angst um ihre Jobs haben ist mehr als verständlich. 8.000 Arbeitsplätze hängen überregional direkt an der Lausitz-Kohle; 24.000 indirekt. Würde der Kohleabbau stillgelegt, bedeutet das einen erneuten Strukturwandel für die Lausitz-Region: weitere Abwanderung, wie es sie schon nach der Wende gab, eine verfallende Infrastruktur, Arbeitslosigkeit. Die Bundesregierung hat dazu – außer heißer Luft – bisher nicht viel zu sagen.

Nicht auf leere Versprechungen einlassen!

Wir stehen hinter den Kolleginnen und Kollegen in der Lausitz! Zwar verschleiert die Bundesregierung ihre unsoziale Politik hinter der Klimafrage, wir sagen: es ist Zeit, Tacheles zu reden! Denn wer vom Wetter redet und vom Kohleausstieg, der muss mindestens über voll bezahlte Umschulungen der Kolleginnen und Kollegen, über Infrastrukturprogramme und andere staatliche Investitionen in der Lausitz, über gleichwertige Jobs bei vollem Erhalt des Einkommens, über einen Ausbau des regionalen Gesundheits- und Bildungswesens und ein Ende der sozialen Kürzungen sprechen. Denn die Umweltfrage ist für uns eine Frage der Lebensumstände – und dazu gehört auch soziale Sicherheit, gute Arbeit, ein Arbeitslosengeld weit über der Armutsgrenze und ein gesichertes Leben auch im Alter.

Wer eine Frage stellt, der muss sie auch beantworten

Ende Gelände fordert den Ausstieg aus dem umweltschädlichen Kohleabbau und der Kohleverstromung. Kohle gilt als der schmutzigste Brennstoff der Welt. Rund 1/5 der deutschlandweiten CO2-Emissionen kommen aus der Kohleverstromung – bei einem Wirkungsgrad von gerade mal 45%. Der Rest verpufft durch den Schornstein – und schadet durch das in den Abgasen erhaltene Schwefeldioxid, Quecksilber und vieles mehr massiv den Bewohnern der Region. Die Schadstoffe gelangen in den Blutkreislauf und führen zu Schlaganfällen, Herzkreislaufs- und Atemwegserkrankungen. Keine besonders anwohnerfreundliche Industrie! Und trotzdem: für die Kohlekumpel in der Lausitz um einiges besser als die Alternative Arbeitslosigkeit oder Umschulung und Lohnverlust.

Was wir brauchen ist ein mit den Kolleginnen und Kollegen gemeinsam erarbeiteter Plan zur wirtschaftlichen Entwicklung der Region. Auch über die Frage der Stromgewinnung muss demokratisch, und nicht von Manageretagen allein danach entschieden werden, wo der höchste Profit winkt. Denn warum gibt es eine so starke Konzentration auf Kohle bei der Stromgewinnung? Das liegt einfach daran, dass in dem Bereich die Profitmargen für die Produzenten am höchsten sind.

Ende Gelände stellt die Frage nach Alternativen zum „fossilen Kapitalismus“. Aber wer eine Frage stellt, der muss sie auch beantworten. Die Antwort liegt in den gemeinsamen Interessen der Kolleginnen und Kollegen, der Anwohner und der Umweltaktivisten. Wir alle wollen ein Leben ohne Krankheit und Umweltzerstörung und in sozialer Sicherheit. Ein solches Leben ist nicht nach dem „fossilen“ Kapitalismus, sondern nur nach dem Ende des Kapitalismus möglich. Was wir wollen ist eine Wirtschaft, in der demokratisch und staatlich geplant wird, im Interesse der einfachen, arbeitenden Bevölkerung.

Ein solches Leben erreichen wir nicht gegen, sondern einzig und allein mit den Kolleginnen und Kollegen in der Lausitz. Gleichzeitig ist eine solche Umweltpolitik – eine soziale Umweltpolitik im Interesse der Beschäftigten – etwas grundsätzlich anderes als das, was die Bundesregierung „Umweltpolitik“ nennt. Sie sagen „Klima“, was sie machen sind soziale Angriffe bei den Heiz- und Spritkosten, Geldgeschenke an die Stromkonzerne (parallel dazu wurden erst jetzt wieder Preiserhöhungen durch die Stromanbieter angekündigt). Mit ihrer „Öko“-Politik sorgen sie dafür, dass die Chefs abkassieren und wir draufzahlen.

Nicht mit den Chefs, sondern gegen sie!

Auch der Gewerkschaftsführung der IG BCE müssen wir ganz genau auf die Finger gucken. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass jede Stelle und das Einkommen in der Lausitz – mindestens – verteidigt werden müssen! Das geht aber nicht mit den Chefs, sondern nur gegen sie. Schließlich ist es ihre Schuld, dass die Energiegewinnung in der Lausitz jahrzehntelang zwar profitabel, aber weder ökologisch noch sozial organisiert wurde, und dass die Arbeit der Kumpel jetzt vor dem Aus steht. Es ist die Aufgabe der Gewerkschaft, sich nicht in gemeinsamen Kundgebungen mit den Chefs einzureihen, sondern einen Kampfplan im Interesse der Kolleginnen und Kollegen vorzulegen, wie alle Stellen verteidigt und gleichzeitig ökologisch gewirtschaftet werden kann.

Mit ihren vermeintlich radikalen Aktionsformen und der Weigerung, die Interessen der Kollegen zu berücksichtigen, treiben Ende Gelände die Kumpel letztlich nur in die Arme ihrer Chefetagen und rechter Rattenfänger, die Widersprüche zwischen Arbeitsplätzen und Umwelt aufmachen wo keine sind. Der einzige Widerspruch liegt zwischen unseren Interessen nach gut bezahlten, sicheren Jobs und umweltfreundlicher Produktion und den Profiten der Bosse. Statt den Kontakt mit den Kumpel zu suchen und mit ihnen darüber auf Augenhöhe zu diskutieren, fallen tausende Aktivisten ein Wochenende in die Region ein und lassen verunsicherte Kumpel und ihre Familien zurück. Eine Umweltbewegung, die so agiert, ist zum Scheitern verurteilt!