Erklärung der Internationalen Revolutionären Linken
(Internationale der Marxistischen Organisation Offensiv)
Auf Spanisch Veröffentlicht am 4. April 2020
Die Coronavirus-Pandemie
und die aktuelle Wirtschaftskrise bringen die historischen Notwendigkeiten der
heutigen Epoche in aller Klarheit zum Ausdruck. Alle wirtschaftlichen, sozialen und politischen Widersprüche, die
sich in den letzten zehn Jahren angehäuft haben, sind gewaltsam explodiert und
haben die Zivilisation vor ein historisches Dilemma gestellt. Das Massaker, das
Corona-Pandemie und Krise für Zehntausende von Unschuldigen bedeutet haben, ist
erst der Anfang und wird sich in den kommenden Monaten vervielfachen. Die Lähmung
der Produktion und des Handels, die Welle von Massenentlassungen und das
kollektive Leid, das sich parallel zur Gesundheitskrise entwickelt, wird in
unmittelbarer Zukunft weitreichende Folgen haben.
Der Nationalstaat und die
Diktatur des Finanzkapitals, die alle Bereiche des Wirtschaftslebens
beherrschen und die interimperialistische Konfrontation verschärfen, sind seit
Langem eine Bremse für den Fortschritt der Produktivkräfte und den Fortschritt
der Menschheit. Die materiellen Grundlagen für das, was vor unseren Augen
geschieht, wurden im Vorfeld geschaffen. Der Virus ist nicht die Barbarei, die
Barbarei ist der Kapitalismus.
Klassenkampf
Die kapitalistischen
Regierungen und ihre Medien greifen auf Kriegsrhetorik zurück, um die aktuelle
Situation zu beschreiben. Und das ist kein Zufall: Die Propaganda, die der
Gesellschaft einen chauvinistischen und patriotischen Geist einflößen soll, nimmt
immer widerlichere Züge an.
Das erste Opfer eines
Krieges ist die Wahrheit. So war es immer, und so ist es auch heute, wie es die
Kaskade der groben Lügen beweist, die stündlich von offiziellen Kommentatoren
ausgesprochen werden. Was keiner von ihnen sagt, ist, dass der Krieg, von dem
sie sprechen, vor Jahrzehnten von den kapitalistischen Mächten erklärt wurde, als
sozialstaatliche Strukturen vernichtet, obszöne Ungleichheit geschaffen, die
Umwelt in einem unerträglichen Ausmaß degradiert und ganze Länder in Schutt und
Asche gelegt wurden. Auf dem Rücken dieses Krieges fordert nun die Pandemie des
Coronavirus ihre Opfer.
Klar ist, dass der alte
Wohlstand der 50er-, 60er- und
70er-Jahre in den USA und Europa heute längst verblasst ist. Doch was in den
letzten Wochen geschehen ist führt uns besser als jede Statistik und jeder
Medienbericht vor Augen, woher die brutalen sozialen Kürzungen kommen, die
bereits Hunderte von Millionen von Männern, Frauen und Kindern in Afrika, dem
Nahen Osten und Lateinamerika getroffen hat, die von der imperialistischen Gier
erdrückt wurden.
Der Kapitalismus, so
räuberisch und unersättlich wie er ist, ist allein verantwortlich für die
gesundheitliche, wirtschaftliche und soziale Krise, in der wir uns befinden,
und die eine Zäsur in der Weltgeschichte darstellen wird. Die Ereignisse, die
sich nun entwickeln, werden das Bewusstsein breiter Teile der Arbeiterklasse in
den entwickelten kapitalistischen Ländern maßgeblich beeinflussen. Das gilt
auch für die enteignete und prekarisierte Jugend und für einen beträchtlichen
Teil der verarmten Mittelschichten. Bei Teilen der Bevölkerung haben sich durch
Krise und soziale Kürzungen bereits tiefe Ressentiments und Wut abgesetzt. Die
Schlussfolgerungen, die nun in der aktuellen Krise und den kommenden Jahren
gezogen werden, werden auch an Konsequenz gewinnen. Die revolutionären
Schlüsse, die daraus hervorgehen, werden von einer breiten Schicht verstanden
werden.
Was wir sehen, ist eine
Kriegserklärung an Arbeiterklasse und die Unterdrückten dieser Welt. Und wie in
jedem Klassenkampf sind wir Zeugen der egoistischsten, kleinlichsten und
zynischsten Haltung jeder nationalen Bourgeoisie, die ihre Position sichern und
sich auf Kosten ihrer Konkurrenten retten will. So offenbart auch das
kapitalistische Europa, das derzeit wieder seine angeblichen „Werte des
Zusammenhalts und des Gemeinwohls“ durch den Dreck zieht, seine Dekadenz und
seine tiefsitzende Degeneration.
Ihre Propaganda von
„Menschenwürde“ und einem „Recht auf Leben“ ist keinen Pfifferling wert. Trump und die Handvoll Milliardäre, die die
amerikanische Industrie und Politik kontrollieren, sagen es ganz offen:
Hunderttausende werden sterben, aber das Wichtigste sind die 2,2 Billionen
Euro, die der Kongress und der Senat genehmigt haben, um die großen Unternehmen
des Dow Jones und des Nasdaq zu retten. Sieht man von der rhetorischen
Verwirrung ab, die die bürgerliche Politik und ihre Medien sähen, verlaufen die
in Europa getroffenen Entscheidungen alle nach dem gleichen Muster – sei es die
PSOE-Unidas Podemos Regierung in Spanien, die Comte Exekutive in Italien,
Macrón in Frankreich oder die CDU-SPD Koalitionsregierung unter Merkel in
Deutschland.
Mehr als 6 Billionen
Euro an öffentlichen Mitteln werden von den Regierungen und Zentralbanken der
mächtigsten Nationen mobilisiert. Das Ziel? Die „Solvenz“ der multinationalen
Unternehmen und Banken mit einem Liquiditätsstrom zu gewährleisten, der den
Zusammenbruch ihrer Aktien an der Börse ausgleicht, um ihre Gewinn- und
Verlustrechnung so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. Die Geschichte der
Großen Rezession von 2008 wiederholt sich, nur in viel größerem Maßstab: Bei
dieser Gelegenheit versprachen sie uns, die Lehren aus der finanziellen
Deregulierung zu ziehen, und zehn Jahre später, wo die Spekulationsblase
doppelt so groß ist wie damals, setzen sie dieselben Rezepte in die Tat um, in
dem Wissen, dass sie die Qualen des globalen Kapitalismus nicht aufhalten
werden. Es ist eine Farce.
Die Propaganda der
Kapitalisten verläuft nach einem perfekt abgestimmten Drehbuch. Sie versuchen, ihre
Entscheidungen als unvermeidlich darzustellen, weil wir einer „unkontrollierten
und unvorhersehbaren“ Kraft gegenüberstehen. Aber die Großmächte waren sich der
Schwere der Krise sehr wohl bewusst. Als das chinesische Regime die
vollständige Eindämmung der Region Hubei und seiner Hauptstadt Wuhan (60 bzw.
11 Millionen Einwohner) beschloss, wurde von der EU, den USA und Großbritannien
nichts unternommen, um wirksame und energische Präventivmaßnahmen zu ergreifen.
Die von der herrschenden
Klasse tausendmal wiederholten Lügen wurden von der traditionellen
Sozialdemokratie und auch von den neuen Formationen der reformistischen Linken,
die hinter ihr kriechen, sklavisch unterstützt. In ihrem Bemühen, den
Kapitalismus mit „demokratischen“ Mitteln zu retten, schrecken sie nicht davor
zurück, die Drecksarbeit der großen Wirtschaftsmächte zu erledigen.
Dieses brutale Gemetzel
wird in der entwickelten Welt von Tausenden von Gesundheitsfachkräften
angeprangert, die mitten im Zusammenbruch der öffentlichen Gesundheitssysteme
ihr Leben riskieren. In Lateinamerika, Afrika, dem Nahen Osten und vielen
anderen Gebieten ist die Situation noch dramatischer und wird noch
katastrophalere Folgen haben. Dasselbe gilt für die USA, wo die Existenz der
fortschrittlichsten Technologie auf dem Planeten, die jedoch von den großen
kapitalistischen Monopolen kontrolliert wird, nicht verhindern wird, dass sich
die Pandemie wie die mittelalterliche Pest ausbreitet.
Die Bourgeoisie und ihre
bezahlten Politiker – einschließlich der Sozialdemokratie in ihren
verschiedenen Varianten und der Gewerkschaftsbürokratie –, die Fernseher, die
Zeitungen, die Spezialisten und die Politologen rufen uns auf, wie „Soldaten“
zu kämpfen und die Losung der nationalen Einheit leidenschaftlich zu erheben. „Alle
vereint, rudern in die gleiche Richtung.“ Aber wir sind diejenigen, die die
Todeszahlen in die Höhe steigen lassen und die Geißel der Arbeitslosigkeit und
des Elends erleiden. Was verbindet uns mit dieser Oligarchie der Milliardäre,
deren Entscheidungen die Katastrophe stündlich verschlimmern?
Das System braucht den
Kitt der „nationalen Einheit“. Zu welchem Zweck? Um diejenigen mundtot zu
machen, die wirklich unter diesem Krieg leiden, und um unsere Unterwerfung zu
erreichen. Aber der erbitterte Klassenkampf, den wir erlebt haben, die Aufstände
und Revolutionen, die Chile, Ecuador, Bolivien, Honduras, den Sudan, Algerien
und Hongkong erschüttert haben, die Generalstreiks in Frankreich, die
Massenmobilisierungen der arbeitenden Frauen und die Kämpfe der Jugend gegen
den Klimawandel auf der ganzen Welt, die Rebellion des katalanischen Volkes für
die Republik? All diese Ereignisse und viele andere sind Anzeichen einer neuen
Ära und eine wichtige Schule für die kommenden Kämpfe.
Das chauvinistische
Programm der „nationalen Einheit“ kollidiert mit der vergangenen und
gegenwärtigen Erfahrung der Massen und wird durch die globale Rebellion der
Arbeiterklasse zerschlagen werden. Es wird nur ein wenig Zeit brauchen, und der
Nebel der bürgerlichen Demagogie wird sich auflösen.
Die Wirtschaftskrise wird den
inter-imperialistischen Kampf intensivieren
Die Zahlen des
gegenwärtigen wirtschaftlichen Zusammenbruchs können nur mit denen eines
verheerenden Krieges verglichen werden.
Nach Angaben des
International Institute of Finance werden die Volkswirtschaften der USA und der
EU in der ersten Jahreshälfte um 10% bzw. 18% einbrechen. Für Morgan Stanley
wird die Schrumpfung der US-Wirtschaft zwischen März und Juni 30 % betragen,
und die Arbeitslosenquote wird sich auf fast 13 % belaufen. Das Research-Büro
der Deutschen Bank spricht vom schlimmsten Sturz seit den 1930er Jahren nach
dem Absturz von 1929.
Ein ähnliches Bild ergibt sich für offizielle Stellen. James Bullard, der
Vorsitzende der St. Louis Federal Reserve und Mitglied des Federal Open Market
Committee, des Zinsfestsetzungsgremiums der US-Notenbank, hat in einem
Interview mit Bloomberg darauf hingewiesen, dass der Einbruch des US-BIP in
diesem Jahr 50 Prozent erreichen könnte. Auf dem Höhepunkt der
Weltwirtschaftskrise, zwischen 1929 und 1933, sank das BIP um 30%. Dieselbe
Quelle gibt an, dass die Arbeitslosigkeit auf 47 Millionen steigen könnte, was
einer Arbeitslosenquote von 32% entspricht, und nennt 67 Millionen Amerikaner,
die arbeiten und einem hohen Kündigungsrisiko ausgesetzt sind.
Auch die Situation in
China ist sehr problematisch. Die Zahlen reichen von einem Rückgang von 4,2% im
Laufe des Jahres, wie von der Standard Chartered Bank vorhergesagt, bis zu den
von Goldman Sachs prognostizierten 9%. In den ersten beiden Monaten des Jahres
2020 ging die Industrieproduktion des asiatischen Riesen um 13,5% und der
Einzelhandelsumsatz um 20,5% zurück.
In der ehemaligen
kolonialen Welt sind die Aussichten noch dramatischer. In Lateinamerika, wo
30,1% der 629 Millionen Einwohner arm sind und 10,7% im Elend leben, lag die
Rate der informellen Arbeit im Jahr 2018 bei 53% (140 Millionen Arbeiter). Die
geschätzten Zahlen in den entwickelten Ländern reichen aus, um zu erahnen, was
sich für Lateinamerika, Afrika, den Nahen Osten und viele Teile des asiatischen
Kontinents anbahnt.
Die Auswirkungen dieser
Krise werden ebenso tiefgreifend sein wie ihre destruktive Dynamik. Deshalb ist
es wichtig, zwei unmittelbare Folgen in der Weltwirtschaft nicht aus den Augen
zu verlieren: erstens einen wachsenden Trend zu Protektionismus, steigenden
Zöllen und Wirtschaftsnationalismus und zweitens, als Konsequenz daraus, die
Intensivierung des imperialistischen Kampfes um den Weltmarkt.
Viele Stimmen, darunter
einige, die behaupten, „Marxisten“ zu sein, behaupten, dass die chinesische
Wirtschaft einen verheerenden Schlag erleiden wird. Natürlich wird sich die
Schrumpfung des Weltmarkts negativ auf ihren Produktionsapparat auswirken, aber
wenn solche Behauptungen aufgestellt werden, muss sich China an seinen
Konkurrenten messen lassen.
Der chinesische
Kapitalismus, ein aufstrebender Staatskapitalismus sui generis, der enorme
finanzielle und produktive Ressourcen in den Händen seines Staatsapparates
konzentriert und seine strategischen Bedürfnisse schneller als andere decken
kann, hat klare Wettbewerbsvorteile gegenüber den USA oder der EU. Diese Krise
macht das deutlich, und zwar nicht nur im Gesundheitsbereich.
Das mediale Sprachrohr
der britischen Plutokratie, die Financial Times, wies in einem kürzlich
erschienenen Artikel darauf hin, dass die chinesische Wirtschaft zu 75 % auf
dem Stand von 2019 operiert. Sie tat dies, um sich zu trösten, vergaß aber,
dass es in dieser Zeit wichtig ist, eine dynamische Sicht der Ereignisse zu
haben und sie nicht statisch und mechanistisch zu betrachten. Die dialektische
Methode ist wichtig, wenn es darum geht, die Aussichten der gegenwärtigen
Depression zu erfassen.
Die Frage, die es zu
beantworten gilt, ist konkret: Wie wird der chinesische Produktionsapparat auf
die Lähmung Europas und der USA reagieren? Indem er die Lücken füllt, die seine
Konkurrenten hinterlassen haben, wie es sich bei der weltweiten Versorgung mit
medizinischen Produkten zeigt, und indem er die Arbeitsproduktivität in seinen
Fabriken erhöht, um seine Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und neue Märkte zu
erobern.
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs setzte
sich der amerikanische Imperialismus gegen England durch und nach dem Zweiten
wurde er endgültig zur führenden Macht. Doch nun steht er vor einem neuen
Rivalen. Einen, der energisch in Konkurrenz zu den USA
tritt, über solide produktive und finanzielle Reserven verfügt und eine
Spitzenposition in Bereichen wie Technologie, Kapitalexport und Welthandel
erobert hat.
Natürlich wird auch der chinesische
Kapitalismus nicht ungeschoren davonkommen, aber das bedeutet nicht, das wir
der westlichen Propaganda wie selbstverständlich glauben können. China hat 2008
umfangreiche Konjunkturpakete verabschiedet und mehr als eine Billion Euro zur
Unterstützung der produktiven Wirtschaft und des Konsums aufgewendet. Es hat
die Wirtschaftskrise viel besser überstanden als die anderen Länder und konnte
in den letzten fünf Jahren Wachstumsraten von über 5% vorweisen. Natürlich hat
sich dieses Wachstum im Verglich zu den „glorreichsten“ Jahren deutlich
abgeschwächt und vor allem ernsthafte Widersprüche angehäuft, die aus der
dauerhaften Überproduktion resultieren: die öffentliche und private
Verschuldung nimmt immer weiter zu und übersteigt inzwischen 240% des BIP. Aber
ihre direkten internationalen Konkurrenten sind viel schlechter dran. Die
Verschuldung der Vereinigten Staaten liegt bei über 326% und sie haben einen
deutlich geringeren Handelsüberschuss. Dazu war es Peking möglich, sich auf das
Kommende besser vorzubereiten; so haben sie beispielsweise ihre gewaltige
Lagerinfrastruktur genutzt, um eine Milliarde Barrel Rohöl anzuhäufen, nachdem
der Ölpreis um mehr als 20% eingebrochen ist.
Es ist mehr als offensichtlich, dass der
chinesische Kapitalismus nichts mit Sozialismus gemein hat, obwohl er einige
Merkmale des maoistischen Autoritarismus aufweist, die durch den
Restaurationsprozess hindurch beibehalten wurden. Diese besondere historische
Formation des chinesischen Staates, vor allem hervorgebracht durch die
Umwandlung der alten, stalinistischen Bürokratie in eine richtige Bourgeoisie,
ermöglicht heute einen deutlich größeren Spielraum und mehr Kontrolle.
Trumps Aufrufe, Hunderttausende Leben zu
opfern, um die Produktion so schnell wie möglich wieder aufzunehmen, bestätigen
diese Einschätzungen. Das Weiße Haus ist sich sehr wohl bewusst, dass China
zunehmend auf dem Vormarsch ist. Dennoch musste dieser amerikanische „Patriot“,
der sich einen Dreck um die amerikanische Bevölkerung schert, auf Empfehlung
seiner Berater wieder zurückweichen. Es wird offensichtlich, dass die
bevorstehende Katastrophe auch andere Auswüchse haben kann, angefangen bei
explosiven sozialen Entwicklungen innerhalb der eigenen Grenzen.
China wird zweifellos zu einer Referenz für
kleinere kapitalistische Nationen werden und sein Einfluss wird in den
kommenden Monaten und Jahren wachsen. Die Hilfsangebote an Italien oder die
spanische Regierung, ganz zu schweigen von den Hilferufen an Peking aus Afrika
und Lateinamerika, wird diese Entwicklung nur weiter verstärken und
tiefgreifende Veränderungen in den internationalen Beziehungen hervorrufen.
China ist eine mächtige imperialistische
Macht. Aber das ist nicht neu. Neu ist die Weltwirtschaftskrise, die sich seit
zehn Jahren zusammenbraut und jetzt unmittelbar durch die Corona-Pandemie
ausgelöst wurde. War die globale Wirtschaft vorher nur aus dem Gleichgewicht
geraten, so ist sie jetzt tiefkrank. Alle Widersprüche und das ganze Elend des
Systems werden offenbar.
Der kapitalistische Staat eilt den
Kapitalisten zu Hilfe
Die westlichen Mächte reagierten auf die Krise
von 2008, indem sie die Rettung des Finanzsystems auf dem Rücken der
Arbeiterklasse finanzierten. Eine Welle von brutalen Kürzungen,
Massenentlassungen, Prekarität, Vertreibungen und Verarmung auf der einen Seite
und Blankoschecks durch zinslose Kredite, die Übernahme privater Schulden durch
die Zentralbanken und die Anhäufung gewaltigen Reichtums in den Taschen der
Finanzspekulanten, Banken und Großunternehmer auf der anderen Seite.
Keiner der schwerwiegenden Widersprüche des
Systems wurde gelöst, ganz im Gegenteil. Die produktiven Investitionen gingen
zurück, aber die Spekulationsblasen wurden größer und die Monopolisierung hat
sich verstärkt. „Das Finanzkapital“, schrieb Lenin, „ist eine so gewaltige, man
darf wohl sagenentscheidende Macht in allen ökonomischen und in allen
internationalen Beziehungen, dass es sich sogar Staaten unterwerfen kann und
tatsächlich auch unterwirft, die volle politische Unabhängigkeit genießen.”[1]
Die Lüge, dass die „Lehren aus der
vorangegangenen Krise gezogen wurden“, wird durch die Fakten widerlegt. Die
globale Verschuldung – sowohl öffentlich als auch privat – erreichte 2019 einen
Rekordwert von 253,6 Billionen Dollar, 322% des weltweiten BIP. In diesen zehn
Jahren erreichte die Kapitalisierung der internationalen Aktienmärkte mit 86
Billionen Dollar 100% des weltweiten BIP; ein Rekordwert. Die großen
amerikanischen Banken – JP Morgan Chase, Citigroup, Wells Fargo, Bank of
America, Goldman Sachs und Morgan Stanley –, 2008 noch von den Regierungen mit
mehr als zwei Billionen Dollar gerettet, verfügen derzeit über 43% mehr
Einlagen, 84% mehr Vermögenswerte und die dreifache Menge an Bargeld im
Vergleich zu vor der Krise.
Das US-Bankenkapital insgesamt verfügt über
157 Billionen Dollar an Finanzderivaten; rein spekulative Produkte die etwa das
Doppelte des weltweiten BIP und 12% mehr als noch vor einem Jahrzehnt umfassen.
Laut dem McKinsey Global Institute werden 80% aller Unternehmensgewinne
weltweit von 10% der großen, börsennotierten Konzerne erwirtschaftet. Der
größte Investmentfonds, BlackRock, verwaltet ein Kapital von 6,3 Billionen
Dollar, was dem BIP von Deutschland und Frankreich zusammen entspricht.
Dies ist das eigentliche Hindernis, welches
sich der Menschheit stellt, um ihre dringendsten Bedürfnisse zu lösen. Solange
der gigantische Reichtum, den die Lohnarbeit schafft, in den Händen dieser
Minderheit von Finanzspekulanten bleibt, die ihre Diktatur mit eiserner Hand
durchsetzen, gibt es keinen Ausweg.
Die Regierung ist, wie Marx erklärte, der
Ausschuss, der sich um die Interessen der herrschenden Klasse kümmert. Die
Notfallprogramme, die jetzt von den westlichen Regierungen, der Federal
Reserve, der EZB, der britischen Zentralbank und anderen verabschiedet werden,
übersteigen bereits jetzt 6 Billionen Dollar (etwa 7% des weltweiten BIP). Ein
Berg aus Liquidität, der ausschließlich dazu dient, große multinationale
Unternehmen solvent zu halten und das internationale Bankenwesen zu retten.
Währenddessen sind die Mittel zur Bekämpfung dieser Gesundheitskatastrophe, zum
Schutz von den Millionen, die bereits ihre Arbeit und ihr Zuhause verloren
haben, oder denen, die das noch tun werden, nichts weiter als lächerliche
Krümel. Die Geschichte wiederholt sich, zunächst als Tragödie und nun als
Farce.
Mario Draghi, ehemaliger Direktor der
Europäischen Zentralbank, erklärte dies in einem vor kurzem in der Financial
Times veröffentlichen Artikel sehr grob: „Die Antwort muss eine deutliche
Erhöhung der öffentlichen Verschuldung beinhalten. Die Einnahmeverluste des
Privatsektors und die zur Schließung dieser Lücke entstandenen Schulden müssen
ganz oder teilweise in den Bilanzen der Regierungen aufgefangen werden.“
Im Klartext: Der kapitalistische Staat muss
Unternehmen, Finanzkapital und Spekulanten retten. Was für eine großartige
Lektion für alle Reformer, alte wie neue, die an den Staat appellieren, als
wäre er nicht ein Instrument zur Beherrschung einer Klasse durch die andere.
Eine brillante Behauptung im Munde eines versierten Bourgeois, die die
marxistische Staatstheorie und die Worte Lenins nicht besser bestätigen könnte:
„Wir sehen hier
anschaulich, wie sich in der Epoche des Finanzkapitals private und staatliche
Monopole miteinander verflechten und die einen wie die anderen in Wirklichkeit
bloß einzelne Glieder in der Kette des imperialistischen Kampfes zwischen den
größten Monopolisten um die Teilung der Welt sind”.[2]
Uneiniger denn je: Neoliberalismus 2.0
Diese Rettungspakete haben wieder einmal die
Stimmen der „demokratischen Ärzte“ des Systems entfesselt, die über die
„keynesianischen“ Maßnahmen geifern oder einfach über den Charakter dieser
Pakete lügen, wie es beispielsweise die PSOE-UP-Regierung im spanischen Staat
tut.
Noch einmal müssen wir betonen, dass die
„Interventionen“ der Staaten, die viele Ökonomen als Keynesianismus bezeichnet
haben, nichts mit Verstaatlichungen von Großunternehmen und der Produktion im
klassischen Sinne zu tun haben. Des Keynesianismus als Wirtschaftsdoktrin der
Bourgeoisie wurde nur unter ganz bestimmten historischen Umständen angewandt:
nach dem Tod von zig Millionen Menschen und der massiven Zerstörung von
Produktivkräften in Europa während des Zweiten Weltkriegs und angesichts der
Panik des amerikanischen Imperialismus und der Bourgeoisie des Kontinents über
das Voranschreiten der Revolution in Frankreich, Italien und Griechenland und
der Roten Armee im Osten.
Um die Fehler des Versailler Vertrags von 1918
nicht zu wiederholen und die Gefahr einer sozialistischen Revolution abzumildern,
halfen die USA, die mit einem intakten Produktionsapparat, mit neuen
Produktionszweigen wie Öl, Chemie, Automobil, Luftfahrt oder Elektronik, mit
den größten Goldreserven der Welt und mit dem Dollar als einziger
Referenzwährung aus dem Krieg kamen, der europäischen Bourgeoisie beim
Wiederaufbau der Wirtschaft und ermöglichten auch Verstaatlichungen von
Industrien, die viel Anlagekapital erforderten (wie Stahl, Elektrizität,
Montanindustrie, Transport etc.).
Die keynesianischen Maßnahmen dienten dazu,
den Aufwärtszyklus des Kapitalismus und eine neue historische Epoche der
imperialistischen Zentralisation anzuheizen. Die materiellen Voraussetzungen
dafür waren, wie wir bereits erwähnt haben, die Zerstörung des europäischen
Produktionsapparates, während auf der politischen Bühne die Sozialdemokraten
und Stalinisten den bürgerlichen Regierungen Rückendeckung gaben, die
Revolution sabotierten und den Wiederaufbau auf der Grundlage der kapitalistischen
„Demokratie“ und des Sozialpaktes zu ermöglichen.
Die Bourgeoisie ist durch
die Umstände des Klassenkampfs gezwungen, Zugeständnisse zu machen, und wenn es
sein muss auch temporär größere, um ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche
Macht aufrechtzuerhalten. Momentan sind die parlamentarische Linke und die
Bürokraten der großen Gewerkschaften auf Kuschelkurs mit der herrschenden
Klasse und versuchen durch Klassenfrieden einen revolutionären Konflikt zu
verhindern oder zumindest zu verzögern. Es ist zu vermuten, dass sie, bevor sie
zu Maßnahmen wie in der europäischen Nachkriegszeit greifen, eher verstärkt
nach dem Muster handeln, wie wir es in der Krise 2008 gesehen haben. Natürlich
kann es sein, dass dieser Plan nach hinten losgeht und sie statt eines angepassten
Klassenkampfs mit einer handfesten sozialistischen Revolution konfrontiert
sind.
Die Bourgeoisien aller
Länder bereiten sich darauf vor, ihre Monopole in den aufkommenden
interimperialistischen Konflikten der kommenden Rezession mit aller Macht zu
verteidigen. Das sind die objektiven Kräfte, die hinter der Krise der
Europäischen Union stehen. Die Regierungen Südeuropas, angeführt von Italien
und Spanien, verlangen von Merkel, dass Deutschland einen Teil dieser Krise
schultert. Die deutsche Bourgeoisie weigert sich jedoch die Kosten dieses
Debakels aufzuteilen.
„Wir müssen ein
gemeinsames Schuldinstrument erarbeiten (…) Wir müssen den Ernst der Lage verstehen
und drastische Maßnahmen ergreifen, um unsere Wirtschaft zu stabilisieren“
fordern Pedro Sánchez, Comte und Macron in ihrem jüngsten, offenen Brief an den
Europarat. Dazu sagt der deutsche Wirtschaftsminister, hinter ihm die deutsche
Industrie und das Finanzkapital, aber „Nein“.
Die deutsche und
niederländische Bourgeoisie wird „Eurobonds“ grundsätzlich ablehnen und alles
in ihrer Macht stehende tun, um eine „Ansteckung“ mit der Wirtschaftskrise zu
verhindern und ihre Industrien zu schützen. Das Bruttoinlandsprodukt Spaniens
wird dieses Jahr um mehr als 10% sinken und für Italien sieht die Prognose mit
11,26% nicht besser aus. Laut Goldman Sachs werden auch Deutschland und
Frankreich nicht immun sein und müssen mit einem Rückgang des
Bruttoinlandsprodukts von 8,9% bzw. 7,4% rechnen. Deswegen sagt Merkel jetzt,
dass südeuropäische Länder Darlehen aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus
(ESM) in Anspruch nehmen sollen. Das gleiche hat Griechenland damals gemacht
und genau wie damals werden im Gegenzug zu diesen Darlehen harte Sparmaßnahmen
und dadurch weiterer Sozialabbau gefordert.
Europa ist am Ende. Das
Projekt EU, so wie wir es kennen, ist gescheitert. Das zeigen der Brexit und
die verheerenden Folgen der Euro-Krise 2014 welche nur durch die
kapitalistische Unterwerfung des griechischen Volkes eingedämmt werden konnten
und jetzt wieder aufflammen.
Überall findet jetzt eine
Rückkehr zum wirtschaftlichen Nationalismus durch verstärkte Zollpolitik,
wettbewerbsorientierte Währungsabwertung und protektionistische Maßnahmen statt,
um den heimischen Markt vor externen Angriffen zu schützen. Dass jegliche
Koordination zwischen den Weltmächten fehlt, wird klar, wenn man sich das
Scheitern der letzten G20- und EU-Treffen anguckt. Das Fehlen einer
einheitlichen Reaktion beweist den absolut reaktionären Charakter des
Kapitalismus
Ein Programm und eine Partei für die
sozialistische Revolution
„Das ganze Gerede, wonach die
geschichtlichen Bedingungen noch nicht „reif“ genug seien für den Sozialismus,
ist nur das Produkt der Unwissenheit oder eines bewußten Betrugs. Die
objektiven Voraussetzungen der proletarischen Revolution sind nicht nur schon „reif“,
sie haben sogar bereits begonnen zu verfaulen. Ohne sozialistische Revolution,
und zwar in der nächsten geschichtlichen Periode, droht die ganze menschliche
Kultur in einer Katastrophe unterzugehen. Alles hängt ab vom Proletariat,
d. h. in erster Linie von seiner revolutionären Vorhut. Die historische
Krise der Menschheit ist zurückzuführen auf die Krise der revolutionären
Führung.“
Leo Trotzki, Das Übergangsprogramm
Die Aussicht auf
Hunderttausende, wenn nicht Millionen von Toten und besonders die humanitäre
Katastrophe, die sich in den Vereinigten Staaten abzeichnet, macht die
desaströsen Folgen von jahrelangen Kürzungen und Abbau von sozialen Diensten
und Privatisierungen deutlich. Im Angesicht der geschätzten 1,5 bis 2,2
Millionen Todesopfer bei Wiederaufnahme normaler wirtschaftlicher Tätigkeit im
April ist sogar die Trump-Regierung gezwungen, von ihrer Geringschätzung des
Lebens arbeitender Menschen abzurücken. Im US-Kapitalismus leben 45 Millionen
Menschen ohne Krankenversicherung und das Gesundheitswesen ist ein Geschäft für
multinationale Konzerne. Das, was wir nun sehen, sind die Konsequenzen dieser
Politik.
Diese Situation kommt
noch zu den zig Millionen neuen Arbeitslosen, Schließungen von Fabriken und
Industrien und dem Zusammenbruch des globalen Gesundheitssystems, was zum
exponentiellen Anstieg der Armutsrate führen wird. Es ist kein Zufall, dass
internationale Institutionen, Analysten und Verleger berichten, dass eine
Rezession bevorsteht, die härter sein wird als der Crash von 1929. Alle die
jetzt versuchen die öffentliche Meinung zu beschwichtigen indem sie eine
V-Förmige Erholung vorhersagen, unter ihnen auch viele Führer der
reformistischen Linken. Sie werden noch an ihren Worten ersticken.
Der Crash von 1929 führte
zur Krise des Kapitalismus, zur Niederlage der sozialistischen Revolution in
Europa, zum Faschismus und letztendlich zu einem zerstörerischen Weltkrieg. In
der momentanen Situation ist ein solcher Krieg ausgeschlossen. Mit dem
vorhandenen Atomwaffenarsenal in den Händen der imperialistischen Großmächte
wäre eine gegenseitige Auslöschung unausweichlich. Das bedeutet jedoch nicht,
dass es keine regionalen Kriege geben wird, die Millionen Menschenleben fordern
und Flüchtlinge und Verwüstung hinterlassen werden so wie in Syrien, Irak oder
Afghanistan. Es bedeutet auch nicht, dass sich die Bourgeoisie nicht des
Klassenkampfs bewusst ist, den sie der Arbeiterklasse erklärt hat und mit allen
Mitteln führen wird.
Angesichts der jetzigen
Situation wird die Bedeutung von Engels‘ durch Rosa Luxemburg berühmt
gewordener Ausspruch „Sozialismus oder Barbarei“ wieder mehr als deutlich. Nach
Jahren der reaktionären ideologischen Offensive nach dem Zusammenbruch der
Sowjetunion und der stalinistischen Regime in Osteuropa, der kapitalistischen
Restauration von Russland und China und dem Rechtsruck der Massenorganisationen
der Arbeiterklasse, sowohl der Gewerkschaften als auch der sozialdemokratischen
und ehemals kommunistischen Parteien, müssen wir die Flagge des Sozialismus
stärker als je zuvor hochhalten.
Die Rezession wird die
Legitimationskrise des bürgerlichen Parlamentarismus – sowohl der Sozialdemokratie, als auch von traditionellen
konservativen Parteien – verstärken, die soziale und politische Polarisierung
verschärfen und die Spaltung der herrschenden Klasse vorantreiben. Auch wird
sie die autoritären Tendenzen der Regierungen stärken. Sie wird das Oszillieren
der instabilen Mittelklasse zwischen links und rechts befeuern. Der Aufstieg rechtsextremer
Gruppen und die Stärkung des Polizeistaates könnten zur Bedrohung werden. Wenn
wir frühere Fehler nicht wiederholen wollen, müssen wir Lehren und Konsequenzen
aus der Geschichte ziehen.
Neue reformistische Linksparteien
wie Podemos, Syriza, Bloco de Ezquerdas, DIE LINKE und andere haben versprochen,
dass sie, sobald sie in die Regierung kommen, mit der kapitalistischen Politik
brechen und die kapitalistische Oligarchie in die Knie zwingen. Aber statt das
zu tun haben sie ihr revolutionäres marxistisches Programm verworfen und haben
es durch einen Cocktail von radikalen kleinbürgerlichen Ideen ersetzt, um dem
Kapitalismus einen humanistischen Anstrich zu geben. Wir wissen aber aus
praktischer Erfahrung, dass dies nichts als reaktionäre Utopie und Hirngespinste
sind, die verworfen werden müssen. Der Kapitalismus, in dem wir jetzt leben,
ist der einzige Kapitalismus, den es geben kann. Der Kapitalismus, der unsere
Umwelt zerstört und den Tod von Millionen von Menschen zulässt, um die Diktatur
des Finanzkapitals zu sichern.
Die Anführer dieser
reformistischen Linken, völlig abgeschottet von den Problemen normaler Leute,
sind geblendet vom parlamentarischen Kretinismus und nicht in der Lage,
Lösungen für gegenwärtige Probleme zu finden. Ganz im Gegenteil ordnen sie sich
im kapitalistischen System ein und versuchen Brotkrümel als große
anti-neoliberale Erfolge zu verkaufen. Dabei arbeiten sie aber begeistert an
„patriotischen“ Maßnahmen und Rettungspaketen für Banken und große Unternehmen
mit.
Wir müssen ein für alle Mal mit diesem
Philistertum brechen, mit all denen, die versuchen, die Arbeiterklasse zu
täuschen, damit sie nicht den Weg der Revolution geht. Der einzige Weg, der
drohenden Katastrophe entgegenzutreten, besteht darin, dass die Arbeiterklasse
an der Spitze der Unterdrückten die Macht übernimmt, die Banken, die Monopole
und das Land unter demokratischer Kontrolle verstaatlicht. Nur indem wir die
Gesellschaft auf sozialistischer und demokratischer Grundlage organisieren,
können wir dem Abgrund entkommen, in den der Kapitalismus uns führt.
Das System hat destruktive Kräfte entfesselt,
die es nicht mehr einfangen kann. Und sie hat die Voraussetzungen für eine
offene Rebellion der Arbeiterklasse geschaffen. Natürlich können wir das Tempo
nicht vorhersagen, und auch nicht ignorieren, dass reaktionäre, repressive und
bonapartistische Tendenzen in den Staaten und in Teilen der Mittelschicht
ebenfalls zunehmen werden. Aber es steht außer Frage, dass diese Entwicklungen
einen gewaltigen Einfluss auf das Bewusstsein von Millionen von Menschen haben
werden und dass sich die fortschrittlichsten Schlussfolgerungen in der
Avantgarde der Arbeiter und Jugend durchsetzen werden. Deshalb gibt es keine
Zeit zu verlieren.
Das Bewusstsein ist niemals ein mechanischer
Ausdruck der Reife der objektiven Bedingungen; es ist im Allgemeinen ein
Schmelztiegel, der den Konservatismus und die Tradition widerspiegelt, die sich
über Generationen hinweg ausgebildet haben. Nur in Momenten großer Umwälzungen,
wie wir sie gerade erleben, erfährt sie sprunghafte Veränderungen und erhebt
sich auf die Höhe der historischen Entwicklung.
Die Repräsentation einer unterdrückten Klasse
im Parlament liegt weit unter ihrer tatsächlichen Stärke. Die klassischen
Bedingungen einer Revolution, die die Reformisten als hinfällig abgetan hatten,
zeigten sich deutlich in den zahlreichen Massenbewegungen, Rebellionen und
Aufständen, die wir 2019 in Lateinamerika, Asien, Afrika und Europa erlebt
haben: Spaltungen in der herrschenden Klasse, Entschlossenheit der
Unterdrückten, der Arbeiter und der Jugend, den Kampf bis zum Ende zu führen,
Neutralität oder sogar Unterstützung aus den Mittelschichten... Aber in all
diesen Fällen fehlte der entscheidende Faktor, damit diese günstigen Bedingungen
im Sieg gipfeln können: eine revolutionäre Partei, bewaffnet mit dem Programm
des Marxismus und mit Einfluss unter den Massen.
In den großen Kämpfen fragt ein Revolutionär
nicht, was im Falle einer Niederlage geschehen wird, sondern was getan werden
muss, um den Sieg zu erringen. Es ist möglich, es ist erreichbar, also muss es
getan werden. Die konkrete Aufgabe besteht darin, im Laufe der gewaltigen
Ereignisse, mit denen wir konfrontiert sind, die Wut und Unzufriedenheit von
Millionen in eine bewusste Unterstützung des Programms der sozialistischen
Revolution zu verwandeln.
Die Arbeiterklasse kann nur auf ihre eigenen
Kräfte vertrauen, um dem verrotteten Regime des Privateigentums und des
Nationalstaates ein Ende zu setzen. Und um dieses Vertrauen zu erlangen, muss
sie eine klare Perspektive und ein klares Programm haben, das nur eine stabile
und entschlossene Führung bieten kann. Auf diese Weise wird die Rolle der
revolutionären Partei zum entscheidendsten objektiven Faktor von allen.
Durch ihre Erfahrung, und ein Gramm dieser
schrecklichen Erfahrung ist für die großen Massen wertvoller als eine Tonne
Theorie, werden die Arbeiter und ihre Avantgarde die richtigen politischen und
praktischen Schlussfolgerungen ziehen. Wir müssen eine revolutionäre Partei
aufbauen, die in der Lage ist, diese Aufgabe erfolgreich zu bewältigen: Die
Enteigner werden endgültig enteignet, und der durch Lohnarbeit erzeugte
Reichtum wird für echte soziale Gerechtigkeit nutzbar gemacht. Der Sieg des
Sozialismus wird auch der Sieg der Menschheit sein.
Schließ dich der Internationalen
Revolutionären Linken an und tritt mit uns für das Programm der sozialistischen
Revolution ein!
1. Verstaatlichung
der Banken, der großen Monopole in Industrie und Bergbau, Telekommunikation,
der Nahrungsmittel- und Elektroindustrie unter demokratischer Kontrolle der
Arbeiter, um einen sozialistischen Produktionsplan aufzustellen, der die Rechte
der Menschen und ihr Leben an erste Stelle setzt.
2. Verteidigung der
öffentlichen Gesundheit. Die Regierung muss alle notwendigen
Gesundheitsschutzmittel (Handschuhe, Masken, Ausrüstung...) im Kampf gegen das
Coronavirus bereitstellen. Verstaatlichung aller Sektoren, die medizinisches
Material produzieren, und der privaten Gesundheitsversorgung. Sofortige Verstaatlichung
des pharmazeutischen Sektors; alle Medikamente, die zur Bekämpfung des
Coronavirus und anderer Krankheiten benötigt werden, müssen kostenlos zur
Verfügung gestellt werden.
3. Sofortige
Einstellung von Hunderttausenden von Gesundheitsfachkräften weltweit, um diese
Krise zu bewältigen. Ärzte, Pflegekräfte, Wartungspersonal, Reinigungskräfte
... müssen Komitees zur Kontrolle und Verwaltung der Gesundheitsressourcen
schaffen und alle kontraproduktiven Entscheidungen der Manager korrigieren.
4. Sofortiger Stopp
aller produktiven Tätigkeiten, die für die Bekämpfung der Pandemie nicht
unbedingt erforderlich sind. Gesetzlich garantieren, dass alle Arbeiter in
nicht lebenswichtigen Fabriken und Firmen in bezahltem Urlaub zu Hause bleiben
können, dass alle ihre Arbeitsplätze erhalten werden und dass keine
Arbeitsrechte verloren gehen. Für Arbeiter in unverzichtbaren Unternehmen alle
notwendigen Sicherheits- und Schutzmaßnahmen. Harte Geldstrafen für
Arbeitgeber, die sich nicht an diese Vorschriften halten.
5. Arbeiterkontrolle
der Produktion. Schaffung von Arbeiterkomitees in allen Industriesektoren, die
in Versammlungen demokratisch gewählt werden, um die Produktion umzustellen und
sofort das gesamte medizinische Material herzustellen, das zur Bekämpfung der
Pandemie notwendig ist: Tests, Atemschutzgeräte, Masken, Kittel ...
6. Gesetzliches
Entlassungsverbot. Keine Gehaltskürzungen. Die Arbeitgeber müssen ihren Anteil
aus all den über die Jahre angesammelten Profiten zahlen! Das Geld aus den
Konzern- und Bankenrettungen muss zurückgezahlt werden!
7. Fabriken
schließen, Fabriken unter der Kontrolle der Arbeiter verstaatlichen.
Unbefristete Arbeitslosenversicherung, die ein mittleres Einkommen garantiert,
bis eine Arbeitsstelle gefunden wird. Im Falle des spanischen Staates 1.200
Euro pro Monat.
8. Für
menschenwürdige Arbeitsbedingungen. Abschaffung aller Konterreformen des
Arbeitsrechts und der Renten. Ende des Sozialabbaus. Rente mit 60 Jahren mit
100% des Gehalts und Ersatzverträge für junge Leute. 35-Stunden-Woche ohne
Lohnkürzung. Anständiger Mindestlohn (1.200 Euro im Falle des spanischen
Staates). Ende der Probezeit nach 15 Tagen auf der Lohnliste.
9. Drastische Senkung
der Preise für Produkte, die für das tägliche Leben der Arbeiterfamilien
elementar sind, per Gesetz und konsequente Verfolgung von Spekulation. Schluss
mit der Geldmacherei der großen Supermarktketten und der multinationalen
Konzerne im Lebensmittelbereich! Verstaatlichung all dieser Konzerne unter
demokratischer Kontrolle der Arbeiter und Verbraucher!
10. Menschenwürdiges
Wohnen für alle. Zwangsenteignung der großen Wohnungskonzerne, Banken und
Geierfonds und Schaffung eines universellen öffentlichen Wohnungssystems mit
günstigen Mieten. Gesetzliche Aufhebung aller Räumungen und Befreiung von der
Zahlung von Miete, Strom, Gas, Wasser, Heizung und Telekommunikation für alle
entlassenen und in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindlichen Arbeiter unter
Aufrechterhaltung all dieser Dienste.
11. Sicherstellung
der Versorgung der gesamten Bevölkerung mit Lebensmitteln und eines
menschenwürdigen Lebens: kostenlose öffentliche Speisesäle, drastische
Aufstockung der materiellen und personellen Ressourcen der sozialen Dienste.
12. Verteidigung der
wirtschaftlichen, sozialen und politischen Rechte von Einwanderern und
Flüchtlingen. Aufhebung aller rassistischen Gesetze und Auflösung der
Internierungslager. Mobilisierung von Milliarden von Euro, um ihre Leben zu
retten.
13. Keine
Einschränkung der Meinungs-, Demonstrations- und Organisationsfreiheit. Weg mit
dem Polizeistaat und der Militarisierung des gesellschaftlichen Lebens!
14. Qualitativ
hochwertige, demokratische und kostenlose öffentliche Bildung vom Kindergarten
bis zur Universität. Religion raus aus den Schulen. Kein einziger Euro aus dem
öffentlichen Haushalt für private und konzertierte (Modell, bei dem eine
Einrichtung staatlich finanziert, aber privat geführt wird, Anm.d.Ü.) Bildung.
15. Gegen die
ökologische Katastrophe: Verstaatlichung von Energieunternehmen (Elektrizitäts-,
Bergbau-, Öl- und Gasunternehmen, Wind- und Sonnenenergie-Produktionsfirmen,
etc.) und ein öffentlicher Investitionsplan zum Aufbau einer 100% ökologischen
und nachhaltigen Energieindustrie. Für ein kostenloses, qualitativ hochwertiges
und ökologisches öffentliches Verkehrsnetz. Verstaatlichung des Landes, der
Viehzucht und der Lebensmittelindustrie. Nein zur kapitalistischen Ausbeutung
der Ozeane. Für nachhaltige und ökologische Lebensmittel!
16. Gegen alle Arten
von Unterdrückung und Gewalt gegen Frauen aus der Arbeiterklasse und die
patriarchale Justiz. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Recht auf freie und
kostenlose Abtreibung. Gegen die Unterdrückung der LGTBI-Community.
17. Den Faschismus
und rechte Organisationen bekämpfen durch den massiven und organisierten Kampf
der Arbeiterklasse und der Jugend. Gegen ihre Straffreiheit und den Schutz, den
sie vom Staatsapparat erhalten.
18. Nieder mit den
imperialistischen Kriegen! Sofortiger Erlass aller von den Monopolen und dem
IWF auferlegten Auslandsschulden.
19. Für das Recht auf
Selbstbestimmung aller unterdrückten Nationen.
20. Für die
sozialistische Revolution und die Sozialistische Weltföderation.
[1] W. I. Lenin: Der
Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, In: Lenin-Werke, Bd. 22, Berlin
1977, S.264.
[2] W. I. Lenin: Der
Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, In: Lenin-Werke, Bd. 22, Berlin
1977, S.255.