Bárbara Areal, Exekutivkomitee von Izquierda Revolucionaria
(Schwesterorganisation von Offensiv im spanischen Staat)
Erschienen auf Spanisch am 2. Dezember 2019
Vor siebzig Jahren haben die
unterdrückten Massen Chinas – dem bevölkerungsreichsten Land unseres Planeten –
den Kapitalismus und die Überreste der feudalen Ordnung beiseite gefegt. Unter
Führung der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) führten sie einen
revolutionären Krieg gegen den japanischen Imperialismus und die vereinten
Kräfte der chinesischen Bourgeoisie und Großgrundbesitzer, unterstützt von den
alliierten Mächten. Kurz darauf, im Koreakrieg, besiegten sie die mächtigste
Militärmaschine der damaligen Zeit, die USA.
Die chinesische Revolution war viel
mehr als nur der Einzug von Mao Tse-Tungs Truppen in Peking im Oktober 1949.
Ihre erste Phase – die der proletarischen Revolution 1925-27 – ist wenig
bekannt. Gleichzeitig ist es ohne sie unmöglich, die darauf folgenden
Ereignisse zu verstehen. Die Auseinandersetzung mit eben jenen sozialen und
historischen Kräften, die zur Gründung der Volksrepublik China geführt haben,
ist heute hochaktuell. Das Ende des zweiten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts ist
geprägt von revolutionären Aufständen auf allen Kontinenten, vom Irak bis
Chile, über Hongkong oder den Libanon. Somit steht die Frage nach der
sozialistischen Veränderung unserer Gesellschaft wieder auf der Tagesordnung.
Die
imperialistische Plünderung Chinas
Angezogen von den saftigen Gewinnen
des Seiden- und Teehandels, drängte der europäische Kapitalismus das
traditionelle und nach außen abgeschottete chinesische Reich an den Weltmarkt.
Obwohl der kaiserliche Hof gegenüber westlichen Geschäftsleuten immer vorsichtig
war, nahm er Mitte des 18. Jahrhunderts an, es sei möglich, den – in Marx
Worten – „Kattunballen der [...] Bourgeois“[1]
am Weltmarkt zu entkommen und ihn zu ihrem Vorteil auszunutzen.
So machten die englischen Kaufleute,
gut unterstützt von den Militärbooten ihrer Majestät, im Namen des freien
Handels Opium zu ihrem „zivilisatorischen“ Werkzeug, verteilten die Droge und
provozierten in ihrem Namen zwei Kriege – 1840 und 1856 –, die beide in gewaltigen
Niederlagen für die kaiserliche Familie endeten. Es war der Beginn der
Zerstückelung des chinesischen Territoriums zugunsten der Kolonialisten: Sie
kontrollierten nicht nur die wichtigsten Häfen, an sie wurde auch auch die
Insel Hongkong abgetreten und sie erhielten Unsummen an direkten Zahlungen.
Frankreich und die USA gewannen bald die gleichen Privilegien wie die
Engländer. Und schon vor Beginn des 20. Jahrhunderts beteiligte sich Japan an
der imperialistischen Plünderung.
„Modernisierung“, das bedeutete in
China die Überlegenheit der ausländischen Wirtschaft und Waffen, und sie
brachte den einfachen Menschen keine Erleichterung. Die Modernität, die durch
die Überlegenheit der Wirtschaft und ausländische Waffen auferlegt wurde,
brachte den Menschen keine Erleichterung. Das Bündnis, das zwischen der nationalen
Oligarchie und den Imperialisten geschlossen wurde, bedeutete doppelte
Ausbeutung für die Massen, die die brutalsten Merkmale von Feudalismus und
Kapitalismus vereinte.
Ein großer Teil der chinesischen
Elite sprang zur Verteidigung ausländischer Interessen in die Presche. Letztere,
die immer mächtiger wurden, verliehen sich selbst Befugnisse staatlicher
Behörden, wie die Rekrutierung lokaler Milizen oder die Zollkontrolle. Die
Schwäche der chinesischen Zentralmacht beförderte auch das Aufkommen lokaler
Mächte, so genannter Kriegsherren – großer, ländlicher Grundbesitzer, die über
private Armeen verfügten – die einerseits mit den zentralen Gerichtshöfen in
Auseinandersetzungen standen, gleichzeitig regionale Bauernaufstände
unterdrückten, die ihre Privilegien in Frage stellten. Viele dieser
Kriegsherren wurden zu Sipahis[2]
der verschiedenen ausländischen Mächte.
Diese koloniale Entwicklung des
chinesischen Kapitalismus brachte eine schwache Bourgeoisie hervor, die
vollständig von ausländischen Investitionen abhängig war. Diese Rückständigkeit
und Schwäche der chinesischen Bourgeoisie war der Grund, weshalb sie wenig
eigene Charakterstärke und erst recht nicht revolutionären Ehrgeiz entwickelte.
Eine
Republik, die nicht in der Lage ist, das Land zu modernisieren
Jede Manifestation nationaler
Identität wurde von den Kolonialmächten niedergeschlagen. Es dauerte nicht
lange, bis diese Verhältnisse auch Widerstandsbewegungen hervorbrachten: Unter
einem Teil der „goldenen Jugend“ – der Jugend, die wohlhabenden Verhältnissen
entstammte – entwickelte sich die Idee eines starken, modernen China, befreit
vom imperialistischen Joch.
Es entwickelte sich eine Schicht
junger Demokraten, von denen einige die „Revolutionäre Liga“ gründeten.
Besonders hob sich unter ihnen Sun Yat-sen hervor, der auf Reisen mit
sozialistischen und demokratischen Ideen aus Europa in Berührung gekommen war
und sich für westliche Technik interessierte, die er für das wirksamste
Instrument hielt, um China von ihrer Rückständigkeit zu befreien. Sun suchte
die revolutionäre Kraft bei eben jenen imperialistischen Mächten, die das
chinesische Volk unterjochten.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts
brachen immer wieder soziale Unruhen aus, die schließlich zu einem
revolutionären Aufstand führten. Am 10. Oktober 1911 revoltierten
Rebellengruppen in der Provinz Jupei und die Garnison von Wuchang. Die Revolte
ergriff Janchou und Janyang, beendete das lokale Feudalregime und führte zur
Ausrufung einer republikanischen Regierung. Eine Kettenreaktion kam ins Rollen
und in etwas mehr als drei Wochen proklamierten 17 der 21 Provinzen ihre
Unabhängigkeit.
Sun Yat-sen, einer der jungen Gründer der Revolutionären Liga |
Zweiffelos errang die Revolte dank des beherzten Handelns der Massen den Sieg. So überwand sie den Mangel der Initiative von Seiten der republikanischen Führung. Sun Yat-sen war zum Zeitpunkt ihres Sieges in den USA und bat dort das europäische Kapital um Hilfe beim Aufbau einer „modernen Demokratie“ in China. Am 1. Januar 1912 erklärte eine provisorische Regierung mit Sun als Präsident in Nanking den Beginn der republikanischen Ära.
Sofort drohten die Vereinigten
Staaten, Großbritannien, Deutschland und Japan, die für die naiven Forderungen
von Sun wenig übrig hatten, der provisorischen Regierung mit den Kanonen ihrer
Kriegsschiffe am Jangtse. Das neue Regime musste verstehen, dass es in fundamentalen
Fragen der Verhältnisse in China keine Veränderung geben würde: Die Kontrolle
über den Reichtum Chinas würde in den Händen der imperialistischen Mächte
bleiben. So wurde wenige Wochen nach der Konstituierung der neuen Regierung am
12. Februar Yuan Shikai, ein alter, blutrünstiger, reaktionärer Monarchist, zum
Präsidenten ernannt und ersetzt Sun.
Im selben Jahr verwandelte sich die
Revolutionäre Liga, die davon überzeugt war, dass nun eine Ära der
parlamentarischen Demokratie beginnen würde, in eine politische Partei namens
Kuomintang. Und wieder wischte die Realität ihre Illusionen in aller Härte davon.
Die folgenden Jahre zeigten nicht
nur, wie schwer die nationale Unabhängigkeit Chinas vom Imperialismus zu
erreichen war, sondern auch, dass das immer dreistere Vorgehen der
imperialistischen Kriegsherren Chinas Existenz als nationale Einheit weiter und
weiter zunichte machte. Jedes Bestreben, ein System des bürgerlichen
Parlamentarismus zu etablieren, wurde im Keim erstickt. Eine Agrarreform –
bittere Notwendigkeit für die überwältigende Mehrheit der aus armen Bauern
bestehende chinesische Bevölkerung – wurde sowohl von den amtierenden
Präsidenten Yuan Shikai und seinen Nachfolgern, als auch von den regionalen
Kriegsherren verworfen. In beiden Fällen waren die Regierenden gleichzeitig
direkte Begünstigte der Privilegien des Grundeigentums.
Roter Oktober in Russland
Die
Enttäuschungen durch das republikanische Regime auf der einen und die
Machtergreifung der Sowjets in Russland 1917 und die Bildung des ersten
Arbeiterstaats der Geschichte auf der anderen Seite eröffneten für die
Enteigneten Chinas und allgemein Asiens einen neuen Horizont.
Die
Theorie der permanenten Revolution – in Grundzügen bei Marx und Engels
vorhanden, 1905 von Trotzki ausformuliert und in Lenins Aprilthesen praktisch
umgesetzt – hatte ihre Richtigkeit in der Praxis bewiesen. China und das
zaristische Russland hatten viele Ähnlichkeiten, beginnend mit der Tatsache,
dass sie beide einen Großteil seiner modernen Produktionsmittel mithilfe
ausländischer Investitionen fortentwickelten.
Die
Geschichte hat gezeigt, dass rückständige Länder nicht unbedingt jede
historische Etappe in der Form durchlaufen, wie das die am weitesten
entwickelten Länder getan haben. In Russland wie auch in China wurde die
„ungleiche und kombinierte Entwicklung“, wie es im Trotzkismus heißt, Realität:
Die primitivsten Produktionsverhältnisse auf dem Land (Leibeigentum, feudale
Eigentumsformen,...) existierten parallel zum Aufbau riesiger Industriezentren,
in denen sich Hunderttausende Proletarier ballten. Großstädte entwickelten und
förderten den modernen Handel, umgeben von einem riesigen Meer von Dörfern und
kleinen Ortschaften.
Lenin,
Trotzki und die Bolschewiki wurden nicht müde zu betonen, dass die Bourgeoisie
der rückständigen Länder in der heutigen Zeit aufgrund ihrer Abhängigkeit vom
ausländischen Kapital nicht in der Lage ist, die Aufgaben der bürgerlich-demokratischen
Revolution zu erfüllen. Es ist die Arbeiterklasse, die die unterdrückte Nation bei
ihrer Befreiung anführen muss und mit ihr die armen Bauern. Sie halten die
Schlüssel zur Umsetzung der Agrarreform, der industriellen Entwicklung, der
Lösung der nationalen Frage, der Eroberung demokratischer Rechte in ihren
Händen... Dazu muss sie – Bauern und Proletariat selbst – die Macht übernehmen,
die nationale Bourgeoisie, die Grundbesitzer und die imperialistischen Monopole
enteignen und mit dem Aufbau des Arbeiterstaates den Übergang zum Sozialismus
beginnen. So verschmelzen die demokratischen Aufgaben mit denen der
sozialistischen Revolution.
Die Gründung der Kommunistischen
Partei Chinas
Das Ende
des Ersten Weltkriegs war für die unterdrückten Massen sehr aufschlussreich. Es
hätte nicht deutlicher sein können, worin sich all die kapitalistischen
Nationen und die Sowjetregierung in ihrem Handeln unterschieden. Die
Siegermächte, die sich auf der Pariser Friedenskonferenz trafen, führten
Verhandlungen über eine Neuaufteilung der Kolonien und verzichteten dabei nicht
auf ihre Ansprüche auf China. Sie beraubten Deutschland nur seines Besitzes auf
chinesischem Territorium, um es an Japan zu übergeben.
Am 1. Juli 1921 wurde in Shanghai die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) gegründet. Chen Duxiu wurde zum Generalsekretär ernannt. |
Gleichzeitig
erklärte die sowjetische Regierung in einer Erklärung vom 25. Juli 1919 in
Moskau ihre Bereitschaft, dem chinesischen Volk die chinesische Ostbahn und
alle anderen Privilegien und Zugeständnisse, die das zaristische Regime ihm
genommen hatte, ohne Entschädigung zurückzugeben. Die Sowjetregierung sagte dem
chinesischen Volk zu, den Kampf für seine Befreiung zu unterstützen.[3]
Diese
Ereignisse förderten die Gärung unter der jungen revolutionären Intelligenz,
die sich schließlich spaltete. Ein Sektor vertrat die Ansicht, dass der
Schlüssel in einer radikalen kulturellen Transformation lag, die keine
Veränderungen in der Sozialstruktur erforderte. Ein anderer, tief beeindruckt
von der russischen Revolution, nahm kommunistische Ideen auf.
Am 1. Juli
1921 wurde in Shanghai die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) gegründet. Die
Sitzungen fanden zunächst in einer Frauenschule statt, die für die Schulferien
leer war. Sie endeten jedoch in einem Boot auf einem See, dem einzigen
Zufluchtsort, den die jungen Kommunisten fanden, um der Polizei zu entkommen.
Die genaue Anzahl der Delegierten ist nicht genau bekannt, aber nach Meinung
einiger Teilnehmer waren es es zwischen 12 und 14 Personen, die nicht mehr als
fünfzig Mitglieder vertraten.
Chen Duxiu, ein Universitätsprofessor, der mehrere antiimperialistische
Publikationen veröffentlicht hatte, wurde zum Generalsekretär ernannt. Die neue
Partei entschied, dass sie sich ganz zentral auf das Proletariat, auf die
Arbeiterbewegung ausrichten wollte. Tatsächlich spielten die Kommunisten eine
entscheidende Rolle bei der Gründung der chinesischen Gewerkschaften.
Der Dritte
Kongress, der im Juni 1923 im Kanton stattfand und an dem 30 Delegierte
teilnahmen, die 432 Mitglieder vertraten, diskutierte das Verhältnis, das die
KPCh zu anderen Parteien haben würde. Der Vorschlag, der von Seiten der UdSSR
durch den Delegierten der Kommunistischen Internationale eingebracht wurde, sah
die Zusammenarbeit und Integration der jungen kommunistischen Kräfte in
die bürgerlich-nationalistische Bewegung
und ihrer Partei, der Kuomintang, vor. Der Vorschlag wurde angenommen.
Am 26.
Januar 1923 unterzeichneten Sun Yat-sen und der sowjetische Diplomat Adolf Joffe
ein Abkommen mit dem Kuomintang, das einen äußerst unglücklichen Absatz über
das Fehlen von „Bedingungen für die erfolgreiche Errichtung des Kommunismus
oder Sozialismus“ enthielt und in dem es hieß: „Chinas Haupt- und unmittelbares
Ziel ist die Verwirklichung der nationalen Einheit und der nationalen
Unabhängigkeit.“[4]
Ein Jahr später, am 20. Januar, genehmigte der erste Kongress der Kuomintang
den Eintritt der Kommunisten unter zwei Bedingungen: die Disziplin der Partei
einzuhalten und ihre Politik nicht öffentlich zu kritisieren.
Innerhalb
weniger Monate entstand die Whampoa-Militärakademie, deren Lehrpläne weitgehend
von sowjetischen Militärs entwickelt wurden. Sein Ziel war es, eine
revolutionäre Streitmacht zu organisieren, um die Kriegsherren zu besiegen und
das Land zu vereinigen. Die Leitung der Akademie wurde dem vielversprechenden
Leiter der Koumnintang Chiang Kai-shek übertragen. Es ist eine grausame Ironie,
dass Chiang, die Zukunft, die für die Ermordung Tausender chinesischer
Revolutionäre verantwortlich ist, sowie der Verstand und Vollstrecker von fünf
„Vernichtungskampagnen“ gegen die KPCh, einen wichtigen Teil seiner
militärischen Ausbildung von der UdSSR erhielt.
Diese
Zusammenarbeit mit der nationalistischen Bourgeoisie löste in den Reihen der
chinesischen Kommunisten Unmut aus. Chen Duxiu versuchte mehrmals, Moskau von der
Notwendigkeit zu überzeugen, mit der KPCh die Kuomintang zu verlassen. Im
Oktober 1925 schlug er dem Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale
vor, mit den Vorbereitungen für den Abzug der Kommunisten zu beginnen, und im
Juni 1926 einigte sich das Zentralkomitee der KPCh auf einen Block mit den
Kuomintang als unabhängige Organisationen.
Diese
Debatte fiel mit dem Aufstieg der stalinistischen Bürokratie in der UdSSR und
dem Wandel in der Politik der Kommunistischen Internationale in sich zusammen.
Ausnahmslos alle Vorschläge der KPCh-Führung wurden von den Führern einer
stalinisierten Internationale im Prozess des Bruchs mit dem Bolschewismus
abgelehnt.
Tausende Kämpfer und kommunistische Revolutionäre werden in den Straßen Shanghais hingerichtet. |
Es ist eine Sache, mit der
nationalistisch gesinnten Bourgeoisie in militärischen Fragen oder im Kampf der
Massen gegen den Imperialismus punktuelle Absprachen zu treffen. Eine ganz
andere war es, sich politisch unterzuordnen oder sich gar innerhalb einer
bürgerlichen Partei aufzulösen. Das war ein Fehler, der teuer bezahlt wurde. Es
wirft viel Licht auf die hier diskutierten Angelegenheiten, sich noch einmal
Lenins Position dazu ins Gedächtnis zu rufen: „Zwischen der Bourgeoisie der
ausbeutenden Länder und jener der kolonialen Länder ist eine gewisse Annäherung
erfolgt, so daß die Bourgeoisie der unterdrückten Länder sehr oft – ja sogar in
den meisten Fällen – zwar die natinoalen Bewegungen unterstützt, aber
gleichzeitig im Einvernehmen mit der imperialistischen Bourgeoisie, d.h.
zusammen mit ihr, alle revolutionären Bewegungen und revolutionären Klassen
bekämpft.“[5]
Die
Arbeiterklasse tritt in Aktion
Sun Yat-sen starb 1925 und Chiang
Kai-shek etablierte sich als Anführer der Kuomintang. Mitte Februar des
gleichen Jahres brachen in den japanischen Spinnereien in Shanghai große Lohnkämpfe
aus. Die Proteste nahmen an Fahrt auf und führten zu Zusammenstößen mit
japanischen Wachen, die am 15. Mai in Fabriken zu schießen begannen, wobei ein
Dutzend Arbeiter getötet wurden. Die blutige Unterdrückung löste eine sehr
breite Solidaritätsbewegung aus, die zu einem beispiellosen Generalstreik
führte. Am 4. Juni überstieg die Zahl der Toten die 100, am Streik in Shanghai
nahmen 200.000 Arbeiter teil.
Universitätsstudenten, die begonnen
hatten, Gelder für die Familien der Opfer zu sammeln, wurden von der Polizei
der „Internationalen Konzession“ der Stadt durch die Hände der Briten,
Amerikaner und Japaner verhaftet.
Dass das Proletariat sich in die
Ereignisse eingeschaltet hatte, setzte die nationalistische Führung unter
Druck. Am 1. Juli riefen die Führer von Kuomintang eine nationale Regierung im
Kanton aus. Ihr erklärtes Ziel, die Vereinigung Chinas und die Unabhängigkeit
zu erreichen, war eine Möglichkeit, auf den Aufstand von Shanghai zu reagieren,
der sich schnell auf die chinesischen Großstädte ausbreitete. Hongkong war auch
von der revolutionären Bewegung infiziert, und Zehntausende von Hafen- und
Industriearbeitern streikten.
Die Theorie der permanenten
Revolution zeigte ihre Gültigkeit.
Das chinesische Proletariat bewies
trotz seiner Jugend und zahlenmäßigen Unterlegenheit unter der Bauernschaft,
dass es in der Lage war, das Produktionssystem anzuhalten und in der Arnena der
Politik die entscheidende Rolle zu spielen. Die chinesischen Arbeiter, wie die
Russen vor ihnen, wurden die einzige Klasse, die in der Lage war, den Kampf für
die nationale und soziale Befreiung aller Unterdrückten anzuführen.
Harold R. Isaacs beschrieb die Macht
der chinesischen Arbeiterklasse mit den folgenden Worten:
„Hongkong, die Festung des britischen
Imperialismus in China, wurde geschlagen. Alle Räder standen still. Es wurde
keine Ladung bewegt. Kein Schiff konnte den Anker senken oder heben. Mehr als
100.000 Arbeiter aus Hongkong entschlossen sich zu einer beispiellosen Aktion: Evakuierung
der Stadt und Massenumzug nach Kanton. An diesem Streik, der abrupt alle
ausländischen Handels- und Industrieaktivitäten anhielt, beteiligten sich 250.000
Arbeiter aus allen wichtigen Berufen und Branchen (....) Die Arbeiter reinigten
die Spielhöllen und Opiumhöhlen und verwandelten sie in Schlafsäle und
Restaurants für die Streikenden. Die 2.000 Männer, die von den Streikposten
rekrutiert wurden, wurden eine Armee, die einen Gürtel um Hongkong herum
bildete... Für je 50 Streikende wurde ein Vertreter zur Konferenz der
Streikendendelegierten ernannt, die wiederum 13 Männer als Exekutivkomitee
vorschlug. Unter der Schirmherrschaft dieses Arbeiterkörpers wurde der erste
sowjetische Embryo in China gegründet und unterhalten, ein Krankenhaus und 17
Schulen betrieben... Die Komitees verfügten über Mittel und Beiträge,
versteigerten beschlagnahmte Waren und führten ein Register. Ein Streikgericht
wurde eingerichtet, um Boykottierende und Störer der öffentlichen Ordnung zu
verurteilen.“[6]
Die Bauern arbeiteten inspiriert von
Arbeiteraktionen zusammen, organisierten sich und patrouillierten an der Küste,
um die Blockade der Kommunikation mit den Kapitalisten zu verstärken.
Bürgerliche Demokratie?
Die
Kapitalisten in Kanton waren verängstigt. Der patriotische Diskurs konnte die Arbeiter
nicht daran hindern, ihren Kampf gegen die ausländischen Eigentümer auf die
nationale Bourgeoisie auszudehnen.
Im Gebiet von Hunan hatte Mao Tse-tung Bauernligen gegründet, die im August 1926 Zehntausende umfassten. |
Als Reaktion auf die Forderungen der
chinesischen Bourgeoisie und auch auf den Druck der imperialistischen Kräfte
verkündete Chiang Kai-shek am 20. März 1926 das Kriegsrecht und verhaftete zahlreiche
kommunistische Führer. Aber seine Unterdrückungsmaßnahmen erreichten ihr Ziel
nicht: Die massenhafte Mobilisierung führte zur Freilassung der Gefangenen, und
sie hielt weiter an.
Mitte Mai 1926 fand der Zweite
Kongress der Kuomintang statt, der eine Reihe von Maßnahmen gegen die
Kommunisten verabschiedete: Unter anderem konnten sie nicht in
Führungspositionen in der Armee oder der Regierung berufen werden, und es wurde
ihnen verboten, sich als Fraktion innerhalb der Kuomintang zu organisieren.
Außerdem wurde eine detaillierte Liste aller Mitglieder der KPCh gefordert. Als
Reaktion auf den revolutionären Boom in den Städten billigte die Kuomintang die
drastische Beschneidung der Gewerkschaftsrechte, die ein obligatorisches
Schiedsverfahren bei Streiks und das Verbot der Inanspruchnahme des 8-Stunden-Tages
vorsah.
Leider akzeptierte die Führung der
Kommunistischen Internationale, die dem stalinistischen bürokratischen Apparat
unterworfen war, all diese Angriffe ohne Widerstand. Das Argument, dass es
notwendig sei, das Bündnis mit den Kuomintang um jeden Preis
aufrechtzuerhalten, sollte diese Kapitulation rechtfertigen. Stalins Strategie
zufolge war der Block mit der sogenannten „demokratischen Bourgeoisie“
unerlässlich, um die Unabhängigkeit Chinas zu erreichen.
Anfang 1926 genehmigte das Politbüro
der KPdSU gegen die Stimme Trotzkis die Aufnahme der Kuomintang in die
Kommunistische Internationale als sympathisierende Partei und ernannte Chiang
Kai-shek zum Ehrenmitglied des Präsidiums. Trotzki, der die meiste
Aufmerksamkeit auf den Kampf gegen die Bürokratisierungstendenzen innerhalb der
sowjetischen Partei und des Staates gerichtet hatte und der kürzlich zusammen
mit Kamenew und Sinowjew einen oppositionellen Block gebildet hatte, verfolgte
die Ereignisse in China aufs genauste und entwickelte eine deutliche Kritik an
der Politik der stalinisierten Internationale.
Erstens lehnte er die vermeintliche
revolutionäre Rolle ab, die Stalin der chinesischen Bourgeoisie zugewiesen
hatte, und hielt daran fest, dass das leninistische Programm von 1917 in die
Tat umgesetzt werden müsse: „Die Aufgaben der bürgerlich-demokratischen
Revolution in China (nationale unabhängigkeit, staatliche Einheit und
Agrarrevolution) können nur unter der Bedingung gelöst werden, dass das
chinesische Proletariat, im Bündnis mit der städtischen und dörflichen Armut
und als deren Führer, die politische
Macht erobert.“[7]
Zweitens versuchte er, die
Positionen der russischen Opposition zu korrigieren und neu auszurichten: „Der
Eintritt der Kommunistischen Partei in die Guomindang“, schreibt Trotzki, „war
von Anfang an ein Fehler. Ich glaube, man muß dies – in dem einen oder anderen
Dokument – ganz offen sagen, um so mehr, als hier die russische Opposition ein
sehr großer Teil der Schuld trifft. Unsere Gruppe (die Opposition von 1923)
war, mit Ausnahme von Radek und einigen seiner nächsten Freunde, von Anfang an gegen den Eintritt der Kommunistischen
Partei in die Guomindang und gegen die Aufnahme der Guomindang in die
Komintern. Die Sinowjew-Leute vertraten eine entgegengesetzte Position. Radek
gab ihnen mit seiner Stimme ein Übergewicht im oppositionellen Zentrum.“[8]
Innerhalb der Kommunistischen Partei
Chinas kritisierte ihr Generalsekretär Chen Duxiu weiterhin die Politik der
Unterwerfung unter die Kuomintang, wobei seine Position von der Sitzung des
Zentralkomitees der KPCh Ende Juni 1926 bestätigt wurde.
Dennoch prägte die Politik der
Klassenzusammenarbeit aus Moskau weiterhin die Tätigkeit der KPCh. Im März 1927
traten zwei kommunistische Minister dem Rat von Kanton bei. Diese Verschiebung
war nicht das Ergebnis der Annäherung der bürgerlichen Nationalisten an
sozialistische Positionen, ganz im Gegenteil. Aus Angst vor einem
revolutionären Aufschwung der Massen beschloss die Kuomintang-Führung, zwei
Kommunisten an die Spitze der Bereiche Landwirtschaft und Arbeit zu setzen, um
ihre eigene soziale Basis zu bremsen. Aber die Absicht kollidierte mit der
revolutionären Intuition der Arbeiterklasse.
Revolutionärer Aufstand in Shanghai
Am 21. März
1927 riefen die Gewerkschaften von Shanghai einen neuen Generalstreik aus, der
800.000 Beschäftigte betraf. In der Nacht des 22. Juni befand sich Chinas
größte Stadt in den Händen der KPCh, an der Spitze 5.000 bewaffnete Arbeiter.
Einen Tag später öffnete die KPCh Chiang Kai-shek die Türen von Shanghai und
begrüßte ihn als Helden.
Die Guerilla-Armee hatte die Gelegenheit, ihre Opferfähigkeit und revolutionäre Überzeugung zu demonstrieren. |
Trotz der Tatsache, dass die
Kuomintang-Führer in Moskau als zuverlässige Verbündete gehandelt wurden, waren
sie sich der Ereignisse durchaus bewusst. Die Arbeiterklasse hatte in der
wichtigsten Stadt des Landes die Macht übernommen und das konnten sie nicht
tolerieren. Der angebliche Verbündete und das Ehrenmitglied des Präsidiums der
Komintern erklärte das Kriegsrecht und ordnete die Auflösung der Gewerkschaften
und revolutionären Organisationen an. Am 18. April rief Chiang Kai-shek eine
neue antikommunistische Nationalregierung aus und organisierte ein umfassendes Massaker.
Die Aufgabe wurde durch die Listen erleichtert, die die KPCh ein Jahr zuvor an
die Kuomintang übergeben hatte. Tausende von Revolutionären und kommunistischen
Aktivisten wurden auf den Straßen von Shanghai ermordet.
Dennoch verkündete das achte Plenum
des Exekutivkomitees der Komintern, das Ende Mai 1927 tagte, weiterhin, dass es
die Pflicht der chinesischen Kommunisten sei, im Kuomintang zu bleiben.
Selbst ein reaktionärer Autor wie
Franklin W. Houn, ein Bewunderer von Chiang Kai-chek, beschreibt die von der
Komintern geförderte Katastrophe so: „Von Stalin davon abgehalten, das Bündnis
mit dem linken Flügel des Kuomintang zu zerbrechen, hielt die KPCh angesichts
schwerer Gefahren eine große Sitzung ihres Zentralkomitees am 1. Juni ab. Eine
11-Punkte-Resolution zur Aussöhnung wurde angenommen, in der die KPCh erneut
die „führende Rolle“ der Kuomintang in der nationalen Revolution gegen die
Kriegsherren und den Imperialismus anerkennt, Arbeitergewerkschaften und
Streikposten warnt, keine Justiz- oder Verwaltungsfunktionen zu übernehmen,
Menschen festzunehmen oder ohne Kuomintangs Genehmigung auf der Straße zu
patrouillieren, und den Gewerkschaften untersagt, Arbeitgeber zu beleidigen
oder sich im Management von Unternehmen in Personalangelegenheiten
einzumischen. (....) All diese Gesten brachten keine Ergebnisse, und am 15.
Juli beschloss der Politische Rat von Kuomintang in Wuhan offiziell, die
Kommunisten auszuweisen. Der Befehl zur Ausweisung wurde von den Exekutionskommandos
ausgeführt.”[9]
Die „Kommune von Kanton“
Am 7. August 1927
tagte der Zentralausschuss der KPCh, der sich bereits versteckt hielt. Auf
Stalins Befehl entließ er Chen Duxiu als Generalsekretär - der bei
der Sitzung nicht einmal anwesend war - unter dem Vorwurf, dass „seine“ Politik
zur Niederlage in Shanghai geführt habe. Ironischerweise beschuldigte der
stalinistische Apparat der Komintern Chen Duxiu der Kapitulation - dieselbe
Person, die der Führung der Internationalen beharrlich die politische
Unabhängigkeit der Kommunisten von den Kuomintang vorgeschlagen hatte. Aber das
war die Methode des Stalinismus: im Falle einer Niederlage Führungsfiguren als
Sündenböcke abzusägen, um so gleichzeitig eine ernsthafte und demokratische
Debatte über die begangenen Fehler zu verhindern.
Nach der Entlassung ihres Generalsekretärs war die Führung der chinesischen
Kommunisten gezwungen, sich um 180 Grad zu drehen. Sie nahm eine ultralinke
Strategie an, angeblich mit dem Ziel, „revolutionäre Spannungen
aufrechtzuerhalten“. Wieder und wieder rief die KP zum Aufstand, in
Wirklichkeit mit dem Interesse, Stalins „Prestige“ nicht völlig einbrechen zu
lassen.
Unter Missachtung all dessen, was geschehen war, riefen die stalinistischen
Führer der Komintern die chinesischen Kommunisten auf, die Macht zu übernehmen.
Obwohl sich die Revolution in einer deutlichen Abwärtstendenz befand, wurde
vereinbart, sich auf den Aufstand im Kanton vorzubereiten, einer Stadt, in der
die kommunistische Bewegung noch stark war. Der Aufstand sollte mit der
Meuterei der Truppen der Nationalen Revolutionären Armee beginnen, die den
Kommunisten noch immer sympathisch gegenüberstanden.
Im Morgengrauen des 11. Dezember 1927 initiierte das von Yeh Chien-ying
organisierte kommunistische Militär den Aufstand in Abstimmung mit der
"Roten Garde". Es ist wahrscheinlich, dass bis zu 20.000 Menschen
aktiv daran teilnahmen. Die Aufständischen besetzten die Stadt und
proklamierten das „Sowjetregime“, das sie „Kommune“ nannten. Aber die Massen
trugen aus vergangenen Niederlagen bereits Müdigkeit in den Knochen und der
Aufstand blieb isoliert. Am 14. Dezember hatten die konterrevolutionären
Truppen der Kuomintang den Aufstand niedergeschlagen, und 8.000 Kommunisten
lagen tot auf den Straßen Kantons.
Als Folge des schmerzhaften Scheiterns dieses Experiments, nannte die
chinesische Führung, die zuvor von Moskau beraten wurde, ihre eigene Taktik ein
putschistisches Abenteuer. Dabei ging es auch darum, die Aufmerksamkeit von den
Verantwortlichen abzulenken, indem man erneut einen geeigneten „Sündenbock“
präsentiert. Der Nachfolger von Chen Duxiu im Generalsekretär, Chu
Chiu-pai, wurde umgehend entlassen.
Diese selbstmörderische Politik gab Chiang Kai-shek die Möglichkeit, die
kommunistische Partei zu verbieten und ein Massaker zu organisieren, das sich
über das gesamte chinesische Territorium erstreckte. Nach Ansicht einiger
Historiker könnte die Repression, die in den folgenden drei Jahren folgte, das
Leben von bis zu einer Million Revolutionären gekostet haben. Die Folgen, die
das für die Kommunisten hatte, waren verheerend. Der Terror dominierte die
Städte und viele Überlebende suchten Zuflucht in den Dörfern.
Rückzug aufs Land und Maos Aufstieg
Die KP fing in den ländlichen Gebieten nicht bei Null an. Seit 1921 hatte ein
kommunistischer Intellektueller, Peng Pai, mit der Organisation der Bauern
begonnen. Mitte der 1920er-Jahre versammelte er eine Truppe von fast 100.000
Mann in den Gebieten Haifeng und Lufeng. Im Gebiet von Hunan hatte ein anderer Anführer,
Mao Tse-tung, Bauernligen gegründet, die im August 1926 Zehntausende umfassten.
Im Jahr 1927 hatten die Bauernorganisationen, die für die Senkung der
Landmieten, Wucherraten und Steuern kämpften, bereits zwei Millionen
Mitglieder.
Ende des Jahres flüchteten sich die Tausenden von Bauern unter der Führung von
Mao in das Chingkanshan-Gebirge, einem praktisch unzugänglichen Gebiet. Trotz
der äußerst schwierigen Bedingungen richteten sie dort eine Regierung ein, die
aus einem Volksrat und einer Versammlung von Arbeitern, Bauern und Soldaten
bestand.
Im Zuge dessen, dass sich Mao entschieden für die Verbündeten der angeblich patriotischen und fortschrittlichen Bourgeoisie einsetzte, senkte er das revolutionäre Programm erheblich. |
Zu dieser Zeit entwickelten sich erste Konflikte zwischen Mao und der Führung
der KPCh. Die Komintern bestand trotz des Triumphs der Reaktion immer noch auf
ihrer alten Strategie der Aufstände. Im Einklang mit dieser Politik forderte
das regionale Komitee von Hunan, dass Mao die Stadt Changsha mit den Männern
seiner roten Basiseinheit aus angreifen sollte. Mao weigerte sich, dem Auftrag
nachzukommen.
An der Front der Konterrevolution startete Chiang Kai-shek im Herbst 1930 die
erste „Vernichtungskampagne“ gegen die kommunistischen Basen. Die Schlacht
dauerte drei Tage und endete mit einem Erdrutschsieg für Maos Streitkräfte.
Kurz darauf, im Februar 1931, startete Chiang die zweite Offensive. Diesmal
befreiten Maos Streitkräfte zehn neue Bezirke. Chiang gab nicht auf und
schickte im Juli eine Truppe von 300.000 Mann. Seine dritte Offensive endete,
als im Dezember eine ganze Division der Kuomintang sich weigerte, seine Befehle
zu befolgen und sich stattdessen den revolutionären Kräften anschloss.
Das Rote China hatte nun eine Armee von 30.000 Mann und die Kontrolle über 21
Bezirke, die von zweieinhalb Millionen Bauern bewohnt wurden. Am 7. November
1931 fand der erste Kongress des sowjetischen China statt. Zwischen 1933 und
1934 hatten die roten Zonen eine Bevölkerung von neun Millionen Menschen.
Die japanische Invasion und der „Lange
Marsch“
Die chinesischen Grundherren und Kapitalisten waren sich bewusst, was diese
revolutionäre Kraft auf dem Land trotz der Niederlage in den Städten bedeutete.
Viele von ihnen sahen in den „japanischen Bajonetten“ ein wirksames Instrument,
um die Rebellion auf dem Vormarsch zurückzuschlagen und wurden Kollaborateure.
Die entscheidenden Sektoren der Kuomintang ihrerseits entschieden sich für
engere Beziehungen zum US-Imperialismus.
Im September 1931, zeitgleich mit der dritten „Vernichtungskampagne“, griffen
die Japaner die Mandschurei an, ein Schlüsselgebiet für ihren bergbaulichen und
landwirtschaftlichen Reichtum. Chiang, der den Bauernaufstand mehr fürchtete
als den japanischen Imperialismus, richtete seine Aufmerksamkeit weiterhin auf
den Angriff auf die roten Zonen. Zwischen Juni 1932 und März 1933 startete er
seine vierte Offensive. Diesmal mobilisierte er 500.000 Mann, und obwohl seine
Truppen keinen klaren Sieg erzielten, konnten sie die wichtigen roten Basen des
Gebietes Jupé-Jonán zerstören.
Ermutigt durch dieses Ergebnis begann im Herbst 1933 die fünfte Offensive. Sie
bestand aus einer totalen Belagerung, um eine verlassene Zone um die Guerillas
herum zu errichten. Im Laufe von Tagen gingen den roten Basen Salz und Chinin
aus, und 60.000 Männer fielen im Kampf. Anfang Oktober 1934 durchbrachen Maos
Männer die Belagerung der Kuomintang, und zwischen dem 15. und 16. Oktober
entkamen 100.000 Mann, der Großteil der roten Armee, Parteikader und Techniker
der Belagerung. So begannen sie mit dem „Langen Marsch“.
Die Guerilla-Armee hatte nun die Gelegenheit, ihre Opferbereitschaft und
revolutionäre Überzeugung unter Beweis zu stellen. Sie durchquerte Sümpfe und
wandernden Sand, Moore ohne jegliche Nahrung, außer Pilzen und einigen Wurzeln,
hohe Berge und sogar Gletscher. Gürtel, Beutel, Rucksackverstärkungen und alles
mit einem möglichen Nährwert, mit Ausnahme der unverzichtbaren Riemen der
Gewehre, dienten dazu, den Tod durch Verhungern von Tausenden von ihnen zu
verhindern. Und dennoch starben die Menschen zu Hunderten.
Vor allem aber setzten Mao und seine Genossen Lin Biao, Ping-hui und Chu Teh
konkrete Maßnahmen um, um die Unterstützung der Dörfer zu gewinnen und die
Nachhut zu schützen: die Verteilung des Landes unter den armen Bauern und die
Bildung von Bauernmilizen, die bereit sind, den Grundbesitzern und
Gegenangriffen der Kuomintang zu widerstehen.
Im Januar 1935 fand die Tsunyi-Konferenz statt. Die Unabhängigkeit von Moskau
aufgrund der geografischen Entfernung der Einsatzzentren der Bauernarmee führte
dazu, dass Mao beschloss, die Parteiführung neu zu organisieren. An der Spitze
der Mehrheit lehnte er die offizielle Linie der Komintern ab und wurde zum
Präsidenten der KPCh gewählt.
Die Kuomintang kann dem japanischen
Vormarsch nichts entgegensetzen
Der Besatzungskrieg machte einen Schritt vorwärts mit dem Versuch der
japanischen Truppen, Shanghai zu erobern. Obwohl einige Militärkommandanten der
19. Division des Kuomintang versuchten, ihr Eindringen zu verhindern, bestand
die Führung auf ihrer Strategie der Unterdrückung gegenüber den Kommunisten und
die Truppen wurden nach Fukien versetzt. Die Japaner erhielten Zugang zum
Herzen Chinas. Parallel dazu handelte die KPCh völlig anders und erklärte der
japanischen Besatzungsarmee in allen roten Zonen den Krieg.
Im Oktober und Dezember 1936 sah sich Chiang zwei großen Angriffen gegen seine
Politik gegenüber, den Kampf gegen die Kommunisten über den gegen die
japanischen Besatzer zu stellen. Die Situation erreichte den Punkt, an dem er
am 12. Dezember verhaftet und wegen Verrats vor Gericht gestellt wurde. Darüber
hinaus forderten die Kuomintang-Truppen, die ihn verhafteten, eine
Koalitionsregierung mit der KPCh.
Als Chiang, der Schlächter von Shanghai und Kanton und Förderer der fünf
„Vernichtungskampagnen“ gegen die Kommunisten, alles verloren zu haben schien,
kamen die stalinistischen Führer zu Hilfe. Zwischen dem 17. und dem 24.
Dezember wurden Verhandlungen mit der KPCh aufgenommen, und Chiang wurde ohne
Prozess oder Verurteilung freigelassen, lediglich mit der Verpflichtung, auf
Repression zu verzichten und den Widerstand gegen Japan aufzunehmen.
Dann wurde versucht, eine Volksfront auf Kosten großer Zugeständnisse der KPCh
im Austausch für wenig oder gar nichts zu installieren. Die stalinistischen
Führer verpflichteten sich, den Namen „Sowjetrepublik“, den die roten Zonen
trugen, in Autonome Region und den Namen der Roten Armee in VIII. Armee zu
ändern. Sie akzeptierten auch das Kuomintang-Regime als offizielle Regierung
Chinas.
Stalins Volksfrontpolitik wurde unter Maos neuem Mandat umgesetzt.
Maos Volksfront
Im Zuge dessen, dass sich Mao entschieden für die Verbündeten der angeblich
patriotischen und fortschrittlichen Bourgeoisie einsetzte, senkte er das revolutionäre
Programm erheblich: „In der Periode
der bürgerlich-demokratischen Revolution schafft die Volksrepublik das
Privateigentum nicht ab, sofern es kein imperialististisches oder feudales ist,
sie beschlagnahmt nicht die Industrie- und Handelsunternehmen der nationalen
Bourgeoisie, sondern fördert die Entwicklung solcher Unternehmen. Wir nehmen
jeden nationalen Kapitalisten in unseren Schutz, vorausgesetzt, daß er die
Imperialisten und die chinesischen Landesverräter nicht unterstützt. Im Stadium
der demokratischen Revolution hat der Kampf zwischen Arbeit und Kapital seine
Grenzen.“[10]
Am 22. Januar 1949 marschierten die Truppen der Volksbefreiungsarmee triumphierend in die ehemalige Reichshauptstadt Peking ein. |
Auch das
Agrarprogramm wurde angepasst, um die Konfrontation mit den Grundbesitzern zu
abzumildern: „Die Kommunistische
Partei hingegen steht in jeder Periode immer an der Seite der Volksmassen im
Kampf gegen Imperialismus und Feudalismus; in der gegenwärtigen Periode des
Widerstandskriegs hat sie jedoch eine gemäßigte Politik gegenüber der Kuomintang
und den einheimischen Feudalkräften eingeleitet, da sich die Kuomintang für den
Widerstand gegen die japanische Aggression ausgesprochen hat.“[11] „In der Zukunft wird die demokratische
Revolution unweigerlich in eine sozialistische Revolution hinüberwachsen. Wann
sich dieser Übergang vollziehen wird, hängt davon ab, inwieweit die
Voraussetzungen dafür herangereift sein werden, und dazu kann eine ziemlich
lange Zeit benötigt werden.“[12]
Die Internationale Linke Opposition hingegen verhielt sich grundliegend anders.
Sie ermutigte ihre Anhänger, sich an die Spitze des nationalen Befreiungskriegs
zu stellen und gleichzeitig in ihrer Agitation die herrschende Oligarchie dafür
anzugreifen, wie unfähig sie war, ihn zu gewinnen. Die Linke Opposition lehnte
es gleichzeitig nicht ab, punktuell militärische Absprachen mit der Kuomintang
zu treffen, solange bei der „Teilnahme am legitimen und fortschrittlichen
nationalen Krieg gegen die japanische Invasion die Arbeiterorganisationen ihre
völlige politische Unabhängigkeit bewahren.“[13]
Die Teilnahme am Krieg war entscheidend, denn dadurch würden die chinesischen
Massen wieder zum revolutionären Kampf erwachen. Aber gleichzeitig war es
wichtig, einen revolutionär-sozialistischen Kurs beizubehalten statt vor der
Bourgeoisie zu kapitulieren.
Die Siege der Bauernarmee gegen die
japanischen Invasoren
Ende 1938 besetzte die japanische Armee ein Gebiet von eineinhalb Millionen km2
- ein Drittel aller Ackerflächen - mit 170 Millionen Einwohnern. Die Armee der
Kuomintang, angeführt von Oberkommandeuren, die wegen ihrer antikommunistischen
Einstellungen und nicht wegen ihrer militärischen Verdienste an die Spitze des
Militärs gelangt waren, bewies hingegen ihre absolute Unfähigkeit. Die
Soldaten, die oft gewaltsam rekrutiert wurden, waren schlecht ausgerüstet,
schlecht bezahlt und schlecht versorgt.
Die Entwicklung der von der KPCh angeführten Bauernarmee war das genaue
Gegenteil. Hatten die roten Truppen am Ende des Langen Marsches 30.000 noch
Mann, so hatte sich die 8. Armee bis Ende 1937 verdoppelt. Zwischen 1938 und
1939 verdoppelte sich ihre Anzahl erneut. Bereits 1940 hatte die VIII. Armee
400.000 Mann, zu denen weitere 100.000 der neu gegründeten IV. Armee
hinzukamen. Die Revolutionäre zeigten unglaublichen Heldenmut und Kreativität.
Die japanische Expansion, die in den ersten Jahren noch relativ reibungslos von
statten ging, wurde zu einem immer schwierigeren Unterfangen.
Beunruhigt über den revolutionären Aufschwung auf dem Land, blockierte Chiang
1939 die Guerillabasen. Unterdessen versuchte Mao immer wieder, einen „linken
Flügel“ der Bourgeoisie auszumachen, aber die einzige wirkliche Diskrepanz
innerhalb der Kuomintang konzentrierte sich darauf, welche imperialistische
Macht den Zweiten Weltkrieg gewinnen würde und wer die kapitalistischen Mächte
sein würden, mit denen sie sich verbünden könnten.
Nochmal, wo war die demokratische Bourgeoisie?
In diesem Zusammenhang befahlen die Kuomintang im Herbst 1940 Chu Teh,
Oberbefehlshaber der Guerilla-Armee, alle Einheiten der 8. und 4. Armee in den
Norden des Jangtse zu verlegen. Es war offensichtlich, dass Chiang die soziale
Revolution, die in Schlüsselregionen des Landes stattfand, untergraben wollte.
Trotz des offensichtlichen reaktionären Charakters dieser Kräfte setzte sich
die Politik der Volksfront durch.
Am 4. Januar 1941, als die Guerilla-Truppen wie befohlen nach Norden
vorrückten, wurde die Vierte Armee von einem verräterischen Angriff von 80.000
Kuomintang-Männern überrascht, unterstützt von militärischen Manövern der
Japaner. Nach einer Woche heftigen Widerstands überlebten nur tausend
Guerillas, wurden aber gefangen genommen und in ein Konzentrationslager
geschickt. Anfang 1942 waren die Zahlen der 8. Armee von 400.000 auf 300.000
geschrumpft, und die Bevölkerung der befreiten Gebiete wurde halbiert.
In der Mandschurei, deren Städte im August 1945 von sowjetischen Truppen
übernommen worden waren, bewies sich einmal mehr, dass Maos Politik der
Klassenkollaboration nichts anderes als die Umsetzung der Strategie der
russischen Bürokratie in China war. Die US-Imperialisten und die chinesischen
Grundbesitzer und Kapitalisten waren besorgt über die Möglichkeit eines
revolutionären Aufstands nach der wahrscheinlich scheinenden Niederlage der
japanischen Truppen.
Um sie zu
beruhigen, unterzeichnete Stalin noch im selben Monat, im August, einen Vertrag
mit Chiang, in dem er sich verpflichtete, sich in den ersten 90 Tagen nach
Kriegsende aus der Mandschurei zurückzuziehen, die Kontrolle über die Militärbasen
von Dairen und Port Arthur zu behalten und den Ort ausschließlich an die
Behörden der Kuomintang abzutreten.
Der Triumph der maoistischen Armee
Angesichts der guten Ergebnisse beschloss Chiang Anfang 1947, einen umfassenden
Bürgerkrieg auszulösen, der mit einem Angriff auf die beiden großen roten
Widerstandszentren in Yenan und Shandong begann. Trotz der Versetzung von
Hunderttausenden von Männern hatte sich bis zum Ende des ersten Kriegsjahres
das Verhältnis zwischen den Streitkräften erheblich verändert. Die Männer von
Maos Volksbefreiungsarmee hatten mehr als 1,5 Millionen Kuomintang-Soldaten niedergeschlagen.
Das Ziel, eine Regierung mit kommunistischer Beteiligung zu bilden, die
die Grenzen der kapitalistischen Wirtschaft einhielt, nach der sich Mao sehnte
und die auch der US-Imperialismus anstrebte, wurde mit jedem Tag
undurchführbarer. Dabei gab es zwei große Hindernisse. Auf der einen Seite die
Opposition der reaktionärsten Teile der Kuomintang, vor allem aber auch die
revolutionäre Rolle der Bauernmassen.
Die KPCh verfolgte eine energische Politik, die auf die Basis der Kuomintanger
Armeen orientierte. Mitte September schlug sie ein Agrargesetz vor, in dem in
Artikel 10 stand, dass die Familien der Offiziere und Soldaten der Kuomintang,
ihre Kämpfer und andere Mitarbeiter der Feinde der KP(Ch), die in ländlichen Gebieten
lebten, Land und Besitz erhalten sollten, der dem eines Bauern entsprach.
Von den Hunderttausenden von Gefangenen, die von Maos Armee gemacht wurden,
wurden die meisten freigelassen. Einige kehrten in ihre Dörfer zurück, viele
anderen wurden Teil der Volksarmee. Obwohl die Reaktion die großzügige
Unterstützung des US-Imperialismus fand, hatte die Volksarmee eine wesentlich
mächtigere Waffe zu ihren Gunsten: die landesweite Verallgemeinerung der
Agrarrevolution, die ihre Zahl im ersten Jahr des Bürgerkriegs auf zwei
Millionen erhöhte.
Da die Revolution auf dem Land eine vollendete Tatsache war, versuchte Mao nun
noch, ihre Ausdehnung auf die städtischen Gebiete zu verhindern: „Man muß verhüten, daß die auf dem Lande
zum Kampf gegen die Grundherren und Großbauern sowie zur Beseitigung der
feudalen Kräfte durchgeführten Maßnahmen fälschlicherweise in den Städten
angewendet werden. Ein strenger Unterschied muß gemacht werden zwischen der von
den Grundherren und Großbauern praktizierten feudalen Ausbeutung, die
abgeschafft werden muß, und den von den Grundherren und Großbauern betriebenen
Industrie- und Handelsunternehmungen, die geschützt werden müssen.
[...]Unter den Genossen, die in den
Gewerkschaften arbeiten, und unter den Massen der Arbeiter muß eine
Aufklärungstätigkeit entfaltet werden, damit sie einsehen, daß man keinesfalls
nur die einseitigen Interessen des unmittelbaren materiellen Wohls sehen und dabei
die langfristigen Interessen der Arbeiterklasse vergessen darf.“[14]
Im November 1949 begann die entscheidende Schlacht des Krieges, die größte seit
Ende des Zweiten Weltkriegs. Es war Huai-hai's Kampagne, bei der die Streitkräfte
der Volksbefreiungsarmee eine halbe Million Männer - 51 Divisionen - der
nationalistischen Armee umzingelten. Chang Kai-shek versuchte, die Belagerung
zu durchbrechen, indem er eine Armee mit schwerer Artillerie schickte, aber
seine Streitkräfte kapitulierten am 10. Januar 1949.
Chiang, völlig in die Enge getrieben, trat am 21. Januar 1949 als Präsident zurück,
und am 22. Januar marschierten die Truppen der Volksbefreiungsarmee
triumphierend in die ehemalige Reichshauptstadt Peking ein. Mao tat dies in
einem Jeep aus den USA, der aus der Kriegsbeute der besiegten Armeen der
Kuomintang stammte.
Am 1. Oktober 1949 ruft Mao Tse-tung an der Spitzes des Tores des Himmlischen Friedens, am Tiananmen-Platz in der Verbotenen Stadt Peking, die Volksrepublik China aus. |
Am 1. Oktober 1949
ruft Mao Tse-tung an der Spitzes des Tores des Himmlischen Friedens, am
Tiananmen-Platz in der Verbotenen Stadt Peking, die Volksrepublik China aus. Im
Dezember verlässt Chiang Kai-shek Chengdu, die letzte von den Nationalisten
besetzte Stadt des Kontinents, um mit seinen Truppen und Kommandanten auf der
Insel Taiwan Zuflucht zu suchen.
Der bevölkerungsreichste deformierte
Arbeiterstaat der Welt
Sowohl die Pläne der stalinistischen Bürokratie in der UdSSR als auch
die von Mao beinhalteten keinen sofortigen Bruch mit dem Kapitalismus. Getreu
der Volksfrontstrategie dachten sie, dass China einen langen Prozess der
kapitalistischen Entwicklung durchlaufen müsse, in dem die KPCh im Bündnis mit
der Bauernschaft, den fortschrittlichen Kräften der Bourgeoisie und dem
chinesischen Kleinbürgertum die Modernisierung des Landes vorantreiben würde.
Die Realität zeigte, dass diese Vorstellung nicht umsetzbar war: Die
korrupte chinesische Bourgeoisie und ihre Verbündeten unter den Grundbesitzern
und Imperialisten würden niemals so weitgehende Reformen wie die Verteilung des
Landes, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen usw. akzeptieren. So waren der
Bruch mit dem Kapitalismus und die Enteignung imperialistischen Eigentums
notwendige Bedingungen, um die Interessen der Millionen zu verwirklichen, die
die KP(Ch) an die Macht gebracht hatten.
Die heroische revolutionäre
Energie der chinesischen Bauernschaft, gepaart mit der Kraft der
Volksbefreiungsarmee, war nicht in der Lage die fehlende Beteiligung der
Arbeiterklasse im Prozess der chinesischen Revolution zu ersetzen. Dieser
Schlüsselaspekt verhinderte nicht den Sieg der Volksbefreiungsarmee und die
Umwandlung des dekadenten halbfeudalen chinesischen Staates in einen
Arbeiterstaat durch die Verstaatlichung der Industrie und die Planung der
Wirtschaft, und prägte dennoch ganz entscheidend den politischen Charakter des
neuen Regimes.
Das maoistische China begann dort, wo die Sowjetunion geendet hatte: als
bürokratisch deformierter Arbeiterstaat, in dem eine Kaste, die aus den
Militärkommandanten und Führern der KP(Ch) gebildet wurde, die Kontrolle über
den Staat übernahm. Es gab keine Arbeiterdemokratie, keine Sowjets, keine
demokratische Arbeiterkontrolle und -verwaltung über verstaatlichte
Produktionsmittel.
Dennoch erzielte die verstaatlichte, zentralisierte und bürokratische
Planwirtschaft zwischen 1949 und 1957 mit einer durchschnittlichen jährlichen
Wachstumsrate von 11% wichtige Erfolge. Die Eliminierung von Latifundien und
Agrarkapitalismus ermöglichte es, die Lebenserwartung, sowie die Zahl der Ärzte
und Schulen deutlich zu erhöhen. Wenn 1945 die Lebenserwartung 40 Jahre betrug,
waren es 1979 bereits 70. Wenn 1952 1.000 Traktoren jährlich produziert wurden,
waren es 1976 190.000.
Allerdings sorgten die dramatischen Abenteuer der maoistischen Bürokratie in
den Jahren 1958 und 1966, bekannt als der Große Sprung nach vorn und die
Kulturrevolution, für gravierende soziale Umwälzungen.[15]
Beide zeigten, dass China trotz seiner geografischen und demografischen
Unermesslichkeit den Sozialismus innerhalb seiner Grenzen nicht aufbauen
konnte; um das zu ermöglichen, hätte die chinesische Revolution ihre Isolation
durchbrechen müssen.
1978, zwei Jahre nach Maos Tod, startete die Bürokratie eine Reihe von Reformen
zur Wiederbelebung der Wirtschaftstätigkeit und zur Steigerung der
Arbeitsproduktivität. Im selben und in den folgenden Jahren wurden Maßnahmen
ergriffen, die die Formen des landwirtschaftlichen Eigentums betrafen, den
Eintritt ausländischer Investitionen und die Schaffung von „Sonderwirtschaftszonen“
ermöglichten.
Nach der militärischen Niederschlagung der Tiananmen-Revolte von 1989
wurden die Reformen beschleunigt, indem grünes Licht für den Besitz von
Privateigentum an Produktionsmitteln und die Ausbeutung der Lohnarbeit gegeben
wurde. In einem jahrelangen Prozess wurde die stalinistische Bürokratie in eine
neue Besitzerklasse zurückverwandelt und verwandelte sich bis heute in eine
mächtige Bourgeoisie mit imperialistischen Ambitionen.
Als die Deformationen des Arbeiterstaates einen Punkt erreichten, der
die Bürokratie der KP(Ch) daran hinderte, ihre Privilegien dank des neuen, aus
der Revolution von 1949 stammenden Sozialregimes aufrechtzuerhalten, hatten
Chinas führende Politiker wie ihre russischen Kollegen keine Bedenken, sich mit
Waffen und Gepäck dem Kapitalismus zuzuwenden. Obwohl die rote Flagge mit
Hammer und Sichel weiterhin über China weht, wird der Prozess der
kapitalistischen Restauration seit Jahren vollzogen.
Die Uhr der Geschichte hört jedoch nicht auf, sich zu drehen. Die
siegreiche kapitalistische Konterrevolution hat den Roten Drachen zu einer
imperialistischen Macht gemacht, die in der Lage ist, die Hegemonie der USA auf
dem Planeten herauszufordern, während sie 200 Millionen Bauern aus ihren
Dörfern entwurzelt und zu Arbeitern gemacht hat, die unter den für das frühe 20.
Jahrhundert typischen Bedingungen arbeiten.
Und dieses
Proletariat ist es nun, dessen Aufgabe es sein wird, den Umsturz gegen ein in
tyrannisches und ausbeuterisches kapitalistisches Regime zu organisieren. In
den Worten von Marx und Engels gesprochen:
„Mit der
Entwicklung der großen Industrie wird also unter den Füßen der Bourgeoisie die
Grundlage selbst hinweggezogen, worauf sie produziert und die Produkte sich
aneignet. Die produziert vor allem ihren eigenen Totengräber. Ihr Untergang und
der Sieg des Proletariats sind gleich unvermeidlich.“[16]
[1] Karl Marx/Friedrich Engels –
Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 7, 1. Auflage 1960, Berlin/DDR. S.
222.
[2] Kriegslehen im Osmanischen Reich
[3] Franklin W. Houn, Breve historia del
comunismo chino. Fondo de Cultura Económica 1976-México DF. S. 28.
[4] Harold R. Isaacs, La tragedia de la
revolución china. SECKER & WARBURG, Londres-1938. Pg. 58. (frei übersetzt aus dem Spanischen, A.d.Ü.)
[5] Weiter unten im Text heißt es:
„Die Frage lautete: Können wir die Behauptung als richtig anerkennen, daß die
zurückgebliebenen Völker, die sich jetzt befreien und unter denen wir jetzt,
nach dem Krieg, eine fortschrittliche Bewegung beobachten, das kapitalistische
Entwicklungsstadium der Volkswirtschaft unbedingt durchlaufen müssen? Diese
Frage haben wir mit einem Nein beantwortet.“
W.I.
Lenin – Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 31, 6. Auflage 1974,
unverändert nach der 1. Auflage 1959, Berlin/DDR, S.230 ff.
[6] Harold
R. Isaacs, La tragedia de la revolución china. SECKER & WARBURG,
Londres-1938. Pg. 66. (frei übersetzt aus dem
Spanischen, A.d.Ü.)
[7] Leo Trotzki, „An die chinesische
Linke Opposition“. Brief vom 8. Januar 1931. In: Trotzki, Schriften Band 2.2 „Über
China 1928-1940“. 1990: Rasch und Röhring. S. 712.
[8] Ebd.
[9] Franklin W. Houn, Breve historia del
comunismo chino. Fondo de Cultura Económica 1976-México DF. P. 43 y 44.
[10] Mao Tse-tung, „Über die Taktik
im Kampf gegen den japanischen Imperialismus“, 27. Dezember 1935. In: Mao Tse-tung, „Ausgewählte
Werke“, Band I,
Peking 1968, S.169-208.
[11] Mao Tse-tung, „Über den
Widerspruch“, August 1937. In: Mao Tse-Tung, Fünf philosophische
Monographien, Verlag für
fremdsprachige Literatur, Peking 1976, S.27-87.
[12] Mao Tse-tung, „Über die Taktik
im Kampf gegen den japanischen Imperialismus“, 27. Dezember 1935. In: Mao Tse-tung, „Ausgewählte Werke“, Band I,
Peking 1968, S.169-208.
[13] Trotsky,
China y el pacifismo, 16 de octubre de 1937, en La segunda revolución china, p.
172., (frei übersetzt aus dem
Spanischen, A.d.Ü.)
[14] Mao Tse-tung: „Teil über die
Industrie- und Handelspolitik“, 27. Februar 1948. In: Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke
Band IV, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1969, S. 213-215.
[15] Beide hatten schreckliche
Auswirkungen auf die Wirtschaft: sie führten zu einem Rückgang der
Industrieproduktion um bis zu 15% zwischen 1967 und 1968. Es wird geschätzt,
dass zwischen 1958 und 1962 mehr als 15 Millionen Menschen an den Folgen der
Nahrungsmittelknappheit verhungert sind.
[16] Karl Marx, Friedrich Engels: „Das
kommunistische Manifest“, 1848. In: Karl Marx/Friedrich Engels – Werke, (Karl)
Dietz Verlag, Berlin. Band 4, 6. Auflage 1972, unveränderter Nachdruck der 1.
Auflage 1959, Berlin/DDr. S.459-493.